: Bildungsministerin trickst sich Etat zusammen
■ Edelgard Bulmahn läßt Bafög künftig von Bank bezahlen, um ihren Haushalt stabil zu halten. Im Wahlkampf hatte die SPD versprochen, die Ausgaben für Bildung zu verdoppeln
Berlin (taz) – Vor fast genau einem Jahr verteilte SPD-Wahlkampfmanager Franz Müntefering eine Garantiekarte der SPD. Sie war quadratisch, praktisch – und gut zum Vergessen. Unter anderem versprachen die Sozialdemokraten „doppelt soviel Geld für die Ideenfabrik Deutschland“. Gestern mußte Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) das vorsorglich bereitgehaltene Plastikkärtchen wieder wegstecken, als sie in der SPD-Fraktion um mehr Finanzmittel für ihren Bereich warb – sie bekommt nicht etwa mehr, sondern weniger Geld.
Der Bildungsetat sollte Jahr für Jahr mit einer Milliarde Mark zusätzlich bedacht werden, und auf den ersten Blick wird das auch geschehen. Für Bildung und Technologie wird eine Milliarde lockergemacht; 200 Millionen Mark gehen in das Ressort von Wirtschaftsminister Werner Müller, 800 Millionen erhält die Bildungsministerin. Aber Frau Bulmahn muß vorher, genau wie die anderen Ressorts der Bundesregierung, rund sieben Prozent abgeben. In ihrem Fall sind das 1,2 Milliarden Mark – unterm Strich verliert das Bildungsressort also beinahe 400 Millionen Mark.
Frau Bulmahn kommentierte gegenüber der taz vorsichtig, „die Verdopplung der Mittel wird kommen – bloß nicht so schnell wie geplant“. Der bündnisgrüne Abgeordnete Matthias Berninger kritisierte, „wenn die Regierung so weitermacht, dann wird sie ihr Ziel der Generationengerechtigkeit schwerlich erreichen“. Berninger hoffte gleichzeitig, „daß sich die Fraktionen durchringen und mehr für Bildung ausgeben“.
Der Studentendachverband fzs kritisierte Rot-Grün. „Das reiht sich ein in die Serie gebrochener Wahlversprechen“, sagt Andreas Ahrens. Die Ministerin habe das angepeilte Verbot von Studiengebühren nicht erreicht, nun brauche sie Buchungstricks, um ihren Bildungshaushalt halbwegs im Lot zu halten. In der Tat gelingt es Bulmahn nur durch eine Umbuchung, die eiserne Sparrunde für sie noch zum Nullsummenspiel zu machen. Die Ausgaben für die Bafög-Darlehen in Höhe von 500 Millionen Mark werden künftig nicht mehr aus ihrem Etat, sondern von der Deutschen Ausgleichsbank bezahlt. Damit fällt eine Leistung weg, die Mittel bleiben aber für Bulmahns Bildung verfügbar.
Unterdessen wurde in Bonn ein taz-Bericht bestätigt, wonach die geplante große Bafög-Reform gefährdet ist. Das sogenannte Drei-Körbe-Modell der rot-grünen Regierung, nach dem erstmals jedem Studenten aus Korb 1 eine Studienförderung von rund 350 Mark zur Verfügung gestellt werden sollte, ist wegen des Karlsruher Familienurteils aus rechtlichen und finanziellen Gründen umstritten. Andreas Ahrens vom fzs sagte, die fest versprochene „Strukturreform des Bafög ist tot, weil offenbar der politische Wille dazu fehlt“. Beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Frankfurt hieß es, es wäre eine „riesengroße Enttäuschung“, wenn die grundlegende Reform der Studienförderung ausgesetzt würde. Christian Füller
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