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Umweltschützer ziehen nach Berlin

■ Der Naturschutzbund, größter Umweltverband Deutschlands, eilt der Bunderegierung voraus und eröffnet ein Büro in Mitte

Nicht weit von den ausgestopften und eingelegten Lebewesen im Museum für Naturkunde wird für die noch lebenden Pflanzen und Tiere gekämpft. Der größte Umweltverband Deutschlands ist bereit für die Lobbyarbeit in Berlin. Wenn im September die Parlamentarier in die Hauptstadt einziehen, erwartet sie in Berlins Mitte bereits der Naturschutzbund Deutschland (Nabu).

Im dritten Stock eines Altbaus, mit Blick auf die Kreuzung von Invalidenstraße und Chausseestraße, haben sich die Naturschützer eingerichtet. „Wir sind der erste Umweltverband mit einer Bundesvertretung in Berlin“, erklärte bei der Eröffnung gestern ihr Leiter Leif Miller. „Wir hoffen natürlich, daß andere nachziehen.“ Die Zusammenarbeit der Natur- und Umweltschutzverbände sei wichtig, um gemeinsam eine starke Lobby zu bilden. So wird die Bundesvertretung nicht allein vom Nabu genutzt: „Wir kooperieren hier unter anderem mit dem Verkehrsclub Deutschland (VCD)“, betont Miller. „Es ist ganz wichtig, Verkehrspolitik und Nord-Süd-Entwicklungsarbeit einzubinden.“

Der Standort Berlin sei auch aus geographischer Sicht günstig, sagte Miller mit Blick auf das Engagement des Nabu in Osteuropa. Die Bundesgeschäftsstelle des Nabu bleibt aber – wie auch der Bundesumweltminister – vorerst in Bonn.

Nabu-Bundesgeschäftsführer Gerd Billen zog gestern eine positive Jahresbilanz. Die Spenden stiegen um gut neun Prozent auf fast sechs Millionen Mark, die Beiträge um mehr als elf Prozent auf über 14 Millionen Mark. „Wir erwarten das 250.000. Mitglied noch in diesem Sommer“, so Billen weiter. Der Verband müsse jedoch noch stärker werden. Das staatliche Handeln reiche nicht aus, wie das Beispiel der Atompolitik zeige: „Bei Schröder ist kein Wille zum Ausstieg erkennbar. Ausstiegszeiträume von 35 Jahren kann man eher als Betriebsgarantie interpretieren“, kritisierte Billen. Der Nabu hält den Ausstieg innerhalb zweier Legislaturperioden für „realistisch und machbar“. Seit hundert Jahren gibt es den Verband. Gegründet wurde er 1899 von der Fabrikantengattin Lina Hähnle als „Bund für Vogelschutz“. Seit 1990 nennt sich der Verband „Naturschutzbund Deutschland“. Der Artenschutz ist weiterhin Teil der Arbeit des Nabu. Durch den „Vogel des Jahres“ etwa machen die Naturschützer aufmerksam auf die Zerstörung von Lebensräumen, zum Beispiel durch die intensivierte Landwirtschaft. Mit Aktionen wie „Landschaft schmeckt“ fördert der Nabu dagegen naturnahe Landwirtschaft. Darüber hinaus nimmt der Verband aber auch Stellung zu Problemen der Gentechnik und des Klimaschutzes. Anders als beispielsweise Greenpeace ist der Nabu demokratisch organisiert und betreut mit rund 1.500 Orts- und Kreisverbänden mehr als 5.000 Schutzgebiete – auch in Berlin. Marc Ermer ‚/B‘Nabu-Infozentrum in der Goltzstraße 5 in Schöneberg. Nabu im Netz: www.nabu.de

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