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Privatisieren für einen ausgeglichenen Etat

■ Finanzsenatorin legt mit dreimonatiger Verspätung den Haushaltsabschluß für das Jahr 1998 vor. Mit Vermögensverkäufen wurde das Minus auf 300 Millionen Mark gesenkt

Mit dem Verkauf von Landesvermögen und drastischen Sparmaßnahmen hat Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) erreicht, daß der Haushalt für das Jahr 1998 fast ausgeglichen abgeschlossen werden konnte. In ihrem gestern – drei Monate zu spät – vorgestellten Haushaltsabschluß für 1998 weist Fugmann-Heesing ein Minus von 301 Millionen Mark bei einem Gesamthaushalt von rund 41 Milliarden Mark aus.

Seit ihrem Amtsantritt 1996 hat die Sozialdemokratin das Haushaltsdefizit damit von 2,4 Milliarden Mark 1995 über 2, 9 im Jahr 1996 und 800 Millionen Mark 1997 auf jetzt 301 Millionen Mark gesenkt. Eine weitere Folge der Fugmann-Heesingschen Sparmaßnahmen ist, daß das jährliche strukturelle Defizit im Haushalt (also der Teil, der über Einnahmen gar nicht gedeckt werden kann) im gleichen Zeitraum von 12,3 auf 8,1 Milliarden Mark gesenkt wurde.

Den Löwenanteil an der gelungenen Haushaltsdeckung aber tragen die Privatisierungen landeseigener Unternehmen. Im Jahr 1998 wurden für drei Milliarden die Wasserbetriebe verbucht, auch wenn der Teilverkauf erst in diesem Jahr über die Bühne gehen wird. Dazu kommen in der Rechnung 98 noch ein Erlös aus dem Einbringen der Landesbank Berlin in die Bankgesellschaft Berlin, dann der Verkauf von 50 Prozent der Anteile an der Wohnungsbaugesellschaft Gehag und weitere Grundstücksverkäufe. Insgesamt fließen mehr als sechs Milliarden Mark aus den Privatisierungen.

Mit den Privatisierungen allerdings ist demnächst kein Haushalt mehr auszugleichen, das billanzierte gestern auch die Finanzsenatorin. Die Wasserbetriebe sind verkauft, davor schon die Versorgungsunternehmen Bewag und Gasag. Bleiben noch zum einen der Liegenschaftsfonds, über den in großem Maßstab Grundstücke verkauft werden sollen, und schließlich städtische Wohnungsbaugesellschaften, deren Privatisierungen sehr umstritten sind.

Trotz der annähernd ausgeglichenen 98er Billanz erklärte gestern die bündnisgrüne Finanzpolitikerin Michaele Schreyer, Berlin sei „milliardenweit von einem konsolidierten Haushalt entfernt“. Das Ergebnis sei nur mit massiver Neuverschuldung erreicht worden. Barbara Junge

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