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Alter Kampf, neu aufgelegt

■ Tennisspielerinnen streiten für gleichen Lohn bei gleicher Grand-Slam-Arbeit

Wimbledon (taz) – Die Chance war so schnell vorbei, wie sie gekommen war. Was sie von dem Kampf für gleiches Preisgeld halte, wurde Steffi Graf nach ihrem Erstrundensieg gegen die Slowakin Ludmila Cervanova gefragt. Antwort: „Ich möchte nicht in die Sache verwickelt werden.“ Verpaßt war die Gelegenheit, ihren Einfluß als nun 30jährige Veteranin der Tour zu nutzen. Dahin die Chance, sich zur solidarischen Streiterin für das Wohl und den Kontostand der Kolleginnenschaft aufzuschwingen, wie es einst Billie Jean King, Chris Evert oder Martina Navratilova auf ihre älteren Tage taten. „Die Göttin des Tennis“ (John McEnroe) zieht es weiterhin vor, eigenbrötlerisch ihren Weg zu gehen.

Dafür sprangen andere prominente Schlägerschwingerinnen in die Bresche. Die Women's Tennis Association (WTA) hat beschlossen, den Kampf für Gerechtigkeit, den vor 30 Jahren vor allem Billie Jean King erfolgreich geführt hatte, wieder aufzunehmen. Damals ging es darum, das Preisgeld der Tennisspielerinnen wenigstens einigermaßen an das der Männer anzunähern. Bei der gesamten Frauen-Tour gab es 1971 insgesamt 250.000 Dollar zu gewinnen, bei den Männern verdiente allein Rod Laver rund 290.000 Dollar. Über die 45 Millionen Dollar, die es inzwischen bei ihnen abzusahnen gibt, können sich die Damen kaum beklagen, heute liegt der Stein des Anstoßes bei den Grand-Slam-Turnieren von Melbourne, Paris und London. In Wimbledon bekommt der Sieger im Einzel 455.000 Pfund, die Siegerin 409.500. Einzig die US Open haben gleiche Bezahlung eingeführt.

Daß die Angelegenheit jetzt aufs Tapet kommt, ist kein Zufall. Noch vor drei Jahren steckte das Frauentennis in einer tiefen Krise, wurde als langweiliger Sport für untrainierte, übergewichtige Teenager verspottet und stand mangels Sponsoren und TV-Interesse vor der Pleite. Inzwischen gilt die Ladies Tour, verglichen mit den Aufschlagbolzern des anderen Geschlechts, jedoch als die lebendigere und attraktivere Variante. Das liegt an charismatischen und kontroversen Nachwuchsstars wie Martina Hingis, den Williams-Schwestern oder Anna Kournikova, aber auch an der gestiegenen Qualität. „Alle sind in viel besserer Form“, konstatiert Graf.

„Viele Spielerinnen haben mehr Profil als die Männer“, sagt Brenda Perry, die Direktorin der WTA-Tour, und verweist auf hohe Fernseheinschaltquoten. „Es gibt keine Statistiken, die beweisen, daß Männertennis unterhaltsamer ist“, fügt sie hinzu. Sowohl ältere Akteurinnen wie Jana Novotna (30) als auch die selbstbewußte jüngere Generation folgen gern dem Aufruf der WTA, die eigene Sache in Wimbledon voranzutreiben. „Ich bin eine standfeste Advokatin des gleichen Preisgeldes“, erklärt die gerade 19 Jahre alt gewordene Venus Williams, „die Frauen arbeiten und spielen genauso hart.“ Das meint auch Anna Kournikova, die bei ihrem ersten Auftritt am Montag so viele Fotografen anlockte, daß extra Sitzreihen für die aufgeregten Knipser freigeräumt werden mußten. Die 18jährige Russin findet sogar, daß Frauentennis schwieriger zu spielen sei, als das der Männer, weil es nicht so auf Kraft basiere. Die Männer sehen das naturgemäß anders und ihre Solidarität hält sich in Grenzen. „Ein klares Nein“, setzt Britanniens Darling Tim Henman den Forderungen entgegen, die er für „ziemlich gierig“ erachtet. Er führt genau jene Argumente an, mit denen auch der Wimbledon-Vorsitzende John Curry eine von 90 Spielerinnen unterzeichnete Petition der WTA abschlägig beschied. Männertennis sei attraktiver, auch würden dort drei Gewinnsätze und nicht bloß zwei gespielt. Dann dürfte 100-m-Weltrekordler Maurice Greene nur einen Bruchteil der Startgelder von Langstreckler Dieter Baumann bekommen.

Die Argumentation steht auf so schwachen Füßen, daß wohl auch der traditionsversessenste aller Tennisclubs nicht mehr lange um die Erkenntnis herumkommen wird, die von der Französin Nathalie Tauziat auf den Punkt gebracht wird. „Es ist keine Frage von drei oder fünf Sätzen“, meint die Vorjahresfinalistin von Wimbledon, „sondern es geht um Recht oder Unrecht.“ Matti Lieske

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