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Weg von der Volkskirche, ab in die Sekte?

■ betr.: „Aufstand der Lämmer: Beratung ohne Papst“, taz vom 19. 6. 99

Mit dieser Entscheidung hat Papst Johannes Paul II. eine klare Richtungsentscheidung getroffen: weg von der Volkskirche, ab in die Sekte. Nur der perfekte, sündenlose Mensch ist in seiner Kirche erwünscht. Es werden keine Entscheidungen akzeptiert, die der hehren Moral der römischen Kirche zuwiderlaufen. Hilfsangebot mit anschließender freier Entscheidung für die Frauen? Fehlanzeige. Frau, hör auf die Kirche oder geh gefälligst woanders hin! Ist das das Evangelium, das verkündet werden soll?

[...] Übrig bleiben Millionen Katholiken, die sich eine andere Kirche suchen oder eine neue Kirche gründen müssen, in der christliche Nächstenliebe und Barmherzigkeit gelebt werden, in der man nicht perfekt sein muß, sondern in die man so kommen kann, wie man nun mal ist. In der man auch schwach sein darf und wo die Moral nicht mehr zählt als der Mensch. In der es nicht nur um das Eintreiben von Kirchensteuern, das effektive Anlegen von Finanzmitteln, um Postenschacher und Karriere geht, sondern um einen zeitgemäßen Glauben mit ebensolcher Verkündigung. In der Menschen geholfen wird, statt sie in den Arsch zu treten, die Geld für Kindergärten und andere soziale Einrichtungen hat.

Eine Vision? Ein Traum? Oder sind wir als katholische Laien dazu doch noch fähig? Auf die Frage gibt es eine Antwort: Hoffentlich! Ingo Kindgen, Bergheim

betr.: „Jenseits von Rom“, Kommentar von Bernhard Pötter, taz vom 19./20. 6. 99

[...] Um katholische Kirchen „jenseits der römischen Hierarchie“ zu finden, in denen primär die Gläubigen und nicht die Kleriker das Sagen haben, muß man nicht, wie Bernhard Pötter in seinem Kommentar, bis nach Lateinamerika schweifen. Denn 1870 hat es eine solche „Revolution“, wie sie Pötter beschreibt, bereits in einigen europäischen Ländern gegeben.

Pius IX. hat den Papst damals vom Ersten Vatikanischen Konzil für „unfehlbar“ und zum „Obersten Richter der Kirche“ erklären lassen. Viele römische Katholikinnen und Katholiken konnten diesen Schritt nicht nachvollziehen und gründeten demokratisch verfaßte, von Rom unabhängige katholische Kirchen. Katholische Priesterinnen gibt es dort mittlerweile genauso selbstverständlich wie verheiratete katholische Priesterinnen und Priester.

Vielleicht liegt es an der scheinbar irreführenden Selbstbezeichnung „alt-katholisch“, daß diese Kirchen nicht viel größeren Zulauf von reformorientierten KatholikInnen von römischer Seite haben. Denn die von ihnen gewünschten Reformen sind hier schon längst verwirklicht. Walter Jungbauer, Dipl.-Theol.

betr.: „Katholische Bischöfe sind nicht scheinselbständig“, taz vom 22. 6. 99

Die Unfehlbarkeit des alten Mannes in Rom ist zum Dogma erhoben worden. Damit ist alles, was deutsche Bischöfe tun und sagen, unwichtig. Es sei denn, die Bischöfe würden die Unfehlbarkeit des Papstes nicht mehr als Dogma anerkennen. Dann aber bräche das ganze kunstvoll errichtete Gebäude der katholischen Kirche zusammen. Dieses Gebäude, das auf Dogmen wie der Jungfräulichkeit Mariens, der Wiederauferstehung Jesu von den Toten und seiner angeblichen Himmelfahrt beruht, ist hohl und muß beim Einsturz eines Pfeilers zusammenbrechen.

Mir sollte es recht sein. [...] Die alten Männer in den langen Röcken jedoch wären ihrer jahrhundertealten Pfründe beraubt. Diese jedoch – da gehe ich jede Wette ein – werden sie nicht aufs Spiel setzen. Sandra Holler, Hamburg

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