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Knast hautnah

■ Gefangene helfen Jugendlichen: Projekt soll Kids vor dem Knast bewahren

Liegestütze auf zwei Quadratmetern. Frühstück in Plastik abgepackt. Die einzigen Abwechslungen: Träume und ab und zu 'ne Filterlose. „Cool, oder?“ fragt der Filmabspann.

Nein. „Hier möchte ich nie rein.“ Diese Gewißheit, so Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) gestern, hätten viele Jugendliche bereits, nachdem sie den kurzen Film gesehen hätten, der den Knastalltag eines Gefangenen in „Santa Fu“ zeigt. Dabei ist der Film nur der Auftakt ihres Gefängnis-Besuches im Rahmen des Projektes „Gefangene helfen Jugendlichen“. Anschließend werden sie für einige Minuten probeweise in einer Zelle eingesperrt, dann folgt ein persönliches Gespräch mit einem Insassen, der über sein vorheriges Leben draußen und das jetzige hinter Gefängnismauern erzählt.

„Hautnah“ sollen die Jugendlichen die möglichen Folgen des eigenen kriminellen Handelns erleben, erklärte Peschel-Gutzeit gestern das Projekt. Sie kündigte an, daß künftig einmal im Monat Gruppen von Jungen ins Gefängnis geführt werden, die selbst bereits durch Straftaten in Erscheinung getreten sind.

26 Jungen zwischen 13 und 19 Jahren haben am bisherigen Modellprojekt „Gefangene helfen Jugendlichen“ teilgenommen, das im März und April lief. Mit großem Erfolg, betont auch Christian Böhm, der Projektkoordinator der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung. Gerade die persönlichen Gespräche mit den Insassen hinterließen bei den Jungen Spuren. „Im späteren Alltag fragen sie sich oft: Was macht er jetzt wohl gerade drinnen?“

Die Jungen werden von LehrerInnen, SozialarbeiterInnen und den Jugendbeauftragten der Polizei ausgewählt. Freiwillig müssen sie sich zum Gefängnisbesuch bereit- erklären. Koordiniert wird das Projekt künftig von einem ehemaligen Insassen. Der habe „Gefangene helfen Jugendlichen“ vorigen Sommer initiiert, erklärt Peschel-Gutzeit. Mittlerweile ist er in Freiheit – und hat für die Projektarbeit eine ABM-Stelle bekommen.

Elke Spanner

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