: Verfassungsschutz nun ohne Stasi
■ Doch seit wann das Amt auf ehemalige Stasi-Mitarbeiter verzichtet, bleibt unklar. Verfassungschutzausschuß will nun ehemaligen IM zur Affäre um Polizeidirektor befragen
Die Klarstellung erfolgte gestern in geheimer Sitzung in einem einzigen Satz, der in etwa so lautet: Das Landesamt für Verfassungschutz (LfV) beschäftigt keine Personen, die früher hauptamtliche oder inoffizielle Stasi-Mitarbeiter waren.
Eine offizielle Bestätigung war aufgrund der Verschwiegenheitspflicht gestern zwar nicht zu erhalten. Aber die Statements der aus dem Geheimschutzraum kommenden Ausschußmitglieder sprachen für sich. „Ich bin tief befriedigt, wir haben uns durchgesetzt“, sagte die Fraktionschefin der Bündnisgrünen, Renate Künast. Auch der CDU-Ausschußvorsitzende Andreas Gram zeigte sich „überaus zufrieden“. Einzig Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) ließ sich nichts entlocken.
„Vor einem Jahr hätte dieser eine Satz nicht gesagt werden können“, stellte Renate Künast gestern vielsagend fest. Vor einem Jahr, das war, als der Skandal um den Polizeidirektor Otto D. bekannt wurde, der vom Verfassungsschutz zu Unrecht als Scientology-Mitglied bezichtigt worden war. Die angebliche Quelle für den Irrtum war der 76jährige ehemalige inoffizielle Stasi-Mitarbeiter Adolf P., alias Junior. Als der Skandal aufflog, forderten Grüne und SPD mit Nachdruck, daß das LfV keine ehemaligen Stasi-Mitarbeiter beschäftigen dürfe.
Die gestrige Feststellung des LfV bezieht sich allerdings nur auf jetzt. Was vor einigen Wochen oder Jahren war, ist nach wie vor unklar. Deshalb haben die Grünen den CDU-Innensenator aufgefordert, die Informationsquellen des LfV in puncto Stasi-Mitarbeiter offenzulegen: Wie viele wann und wie lange in welchen Bereichen für das LfV tätig waren. Der Antrag scheiterte gestern jedoch an der CDU-SPD Mehrheit.
Mit den Stimmen der SPD konnte die Opposition gestern aber immerhin durchsetzten, daß der Ex-V-Mann Adolf P., alias Junior, vom Verfassungsschutzausschuß angehört werden soll. Jener soll laut einem Zeitungsbericht gegenüber dem rehabilitierten Polizeidirektor Otto D. erklärt haben, daß er bereits im Oktober 1997 – also früher als bislang bekannt – von einem Führungsoffizier auf D. angesetzt worden war.
Ob es nach der Sommerpause zur Anhörung von P. kommt, hängt von verschiedenen rechtlichen Fragen ab, die der wissenschaftliche Parlamentsdienst klären soll. Unklar ist zum Beispiel, in welcher Eigenschaft der vom Verfassungsschutz gefeuerte P. gehört werden darf: ob als Dienstkraft oder Privatperson, und ob er und der Ausschuß sich strafbar machen, weil für einen V-Mann Verschwiegenheitspflicht gilt.
Plutonia Plarre
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