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Heiteres Ende

■  Mit der heutigen Ausgabe soll das „FAZ“-Magazin eingestellt werden – eigentlich

„Uns traf der Tod am Nachmittag“, sagt Thomas Schröder, seit 20 Jahren Chefredakteur des FAZ-Magazins, das auch heute nach 20 Jahren wieder der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beiliegen wird, als wenn nichts wäre. Dabei soll es, so jedenfalls verkündete die Tageszeitung der Öffentlichkeit und eben auch der Magazinredaktion am Nachmittag des 10. Juni, doch das allerletzte sein.

Das wäre es auch, wenn sich nicht die Süddeutschen Zeitung urplötzlich Interesse an einem Fortbestand des Konkurrenzblatts gezeigt und der SZ-Magazinverlag per Einstweiliger Verfügung die kurzfristige Einstellung des Supplements zu verhindern gesucht hätte. Der Grund: Ein knappes Drittel der knapp 60 bunten Seiten sind in beiden Magazinen Freitag für Freitag identisch: Die großformatigen – und teuren – Farbanzeigen nämlich (wegen deren die Magazine hierzulande einst eigentlich erst erfunden wurden) werden für beide Supplements gemeinsam akquiriert. Deshalb fand man das schnelle Aus des Anzeigenpartners bei der SZ gar nicht so toll.

Ob zu Recht oder nicht, müssen nun die Rechtsabteilungen von FAZ und SZ klären. Am 30. Juni haben sie einen Verhandlungstermin vor dem Landgericht Frankfurt, das die merkwürdige Frage zu klären hat, ob es auch in den nächsten Wochen ein Magazinzombie in der Zeitung liegen muß.

Schon kurz nach Eingang der einstweiligen Verfügung jedenfalls hatte FAZ-Geschäftsführer Jochen Becker betont, daß das endgültig unrentabel gewordene Heft auf jeden Fall eingestellt werde – nur ob, wie angekündigt, heute, wollte Becker plötzlich weder bestätigen noch dementieren. Und gestern wollte in der FAZ-Geschäftsführung gar niemand mehr öffentlich darüber reden.

In der inzwischen arbeitslos gewordenen Magazinredaktion indes macht sich Chefredakteur Schröder so seine Gedanken darüber, was Kollegen, Leser und das FAZ-Cheftriumvirat wohl alles an versteckter Abschiedskommentierung in seine letzten Magazintexte hineinlesen werden: etwa dort, wo ein Stück über Sonnenbrillen damit ende, daß die dunklen Gläser auch auf Beerdigungen getragen würden – und dann sei da ja auch noch diese Illustration mit den drei Zigarrenschneidern, die ein chefiges Rauchwerktrio effektvoll guilliotinierten ...

All das aber sei Zufall. Denn anders als beim Zeitmagazin (das sich kürzlich noch ein letztes Mal selbst feierte) wolle die Nummer 1.008 kein Abschiedsheft sein. „Unter gar keinen Umständen wollen wir pathetisch scheiden“, sagt Schröder, froh darum, daß es „ein heiteres Heft“ geworden sei.

Die Frage, ob es denn nun auch wirklich das letzte FAZ-Magazin geworden sei, weiß allerdings auch er nicht zu beantworten: Es sei auf jeden Fall „das letzte Heft, das von dieser Magazinredaktion gemacht wurde“. Weswegen die FAZ eventuell bis zur nächsten Woche das längst totgesagte Supplement noch einmal neu erfinden muß. csch

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