■ CSD-Tourimus
: CSD – Haaach was sind wir politisch

Der Christopher Street Day ist so etwas wie das „Mekka“ für Schwule. Der CSD ist politisch! Wirklich?? Also sind wir mal ehrlich: Wenn 3.000-10.000 kreischende Tunten demonstrieren, indem sie unter Einwirkung von lauter „Bum-Bum“-Musik durch die Straßen ziehen, ist das dann politisch?

In Kolonnen von 20 bis 30 bunt geschmückten Mietwagen bewegen sie sich durch die städtischen Fußgängerzonen. Mit Plakaten wie „Schlag' mich und ich mag' Dich“ oder „Rosa Prosa – auch Schwule haben Spaß am Lesen!“ wollen sie öffentlichkeitswirksam für ihre Rechte demonstrieren.

Aber wenn man ehrlich ist, sind die Menschen auf den Wagen genau wie die Menschen am Straßenrand doch nur da, um ihr Schwulsein öffentlich zu propagieren, weil ihnen irgend jemand die fixe Idee ins Hirn gesetzt hat, es würde wirklich jemanden interessieren.

Ebenso vielseitig und verwirrend sind die musikalischen Zustände, die auf dem CSD herschen. Natürlich kramt jedes Jahr wieder einer die verstaubte „Village People“-Platte raus, um die wilden 70er wieder zu beleben, in denen ja sowieso alles besser war und in denen man(n) noch aus politischen Gründen zum CSD gegangen ist.

Wenige Wagen weiter dröhnt einem dann auch schon wieder der simple Pop der 80er Jahre entgegen, in dem „Frankie goes to Hollywood“ uns zum „Relaxen“ auffordert, was aber bei dieser Art der Musik relativ schwerfällt. Seit einigen Jahren gibt es dann auch noch die Wagen, von denen die sogenannte House-Musik aus den Boxen dröhnt. Diese Musik ensteht meist dadurch, daß ein erfolgloser, betrunkener Musikproduzent sein armes, unschuldiges Meerschweinchen mit seiner Heimorgel tot haut.

Was aber viel problematischer ist, als die Musik auf den einzelnen Wagen, ist die Tatsache, daß mittlerweile jede Kleinstadt ihren eigenen CSD veranstaltet. „Hurra, die Waltraud hat sich geouted! Jetzt sind wir schon 2 Schwule und eine Lesbe in unserem kleinen 221-Seelen-Dorf! Laßt uns einen eigenen CSD feiern!“

Der CSD ist aber nicht nur Tuntenparade! Mittlerweile ist er zu einer großen Einnahmequelle für die Tourismusbranche verkommen. Ob das Angebot der Bahn „Tuck Tuck Tuck, wir fahren zum CSD“ oder „Wir fliegen Berlin von hinten an“ von der Lufthanse (Ok eigentlich müßte man die Werbetexter für solche Slogans teeren und mit rosa Wattebäuschen übergießen, aber was soll's!) Es hat zwar jede Kleinstadt ihren eigenen CSD, aber man wäre ja kein „guter“ Homosexueller, wenn man nicht zu jedem CSD fahren würde, der im Bundesgebiet ausgerichtet wird.

Da wird also schnell mal das Jahreseinkommen eines mittleren Beamten nur für den CSD ausgegeben. Nein! Nicht etwa für die Fahrt! Auch nicht für den Aufenthalt in der entsprechenden Stadt. Nein! Die wahren Geldbeträge wandern für das richtige Outfit über den Tresen. Man stelle sich mal vor, man ist beim CSD in Köln, fährt eine Woche später nach Berlin und trägt dort das selbe Hemd! (kreisch!) Da muß sofort eine neue Kombination her!

Warum also nicht das Nützliche mit dem Lästigen verbinden und gleich wenn man in Köln ist, die Filialen großer schwedischer Bekleidungsfirmen stürmen, um die neuesten Accessoires zu erstehen. In Stoßzeiten muß dann sogar das Personal verdoppelt werden, um der Horde kreischender Tunten Herr zu werden. Na bravo, der CSD bringt Arbeitsplätze! Also doch ein politischer Randbezug. Bleibt die Frage: Wo ist da der Kampf für die Rechte? Ach was soll's! Schwulsein alleine ist ja schon politisch genug!

Benjamin C. Berg