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„Judas-Liste“ und „heiliger Krieg“

■ Inmitten der Kongo-Friedensverhandlungen tobt ein Propagandakrieg: Will Ruanda den Osten des Kongo abspalten?

Berlin (taz) – Während die Kongo-Friedensverhandlungen in Sambia weitergehen, heizt sich pünktlich zum heutigen Nationalfeiertag in der Demokratischen Republik Kongo die Stimmung gegenüber Ruanda auf. Ruanda, das kongolesische Rebellen im Kampf gegen die Regierung von Laurent Kabila unterstützt, wolle den Osten des Kongo vom Rest des Landes abtrennen, behaupten die Regierung sowie oppositionelle Gruppen im ostkongolesischen Rebellengebiet. Verschwörungstheorien über ruandische Expansionsgelüste machen die Runde.

Seit Wochen wird aus Bukavu, Hauptstadt der von den Rebellen beherrschten Provinz Südkivu an der Grenze zu Ruanda, von Vorbereitungen der Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) für eine Abspaltung der Provinz berichtet. „Korrumpierbare Kongolesen werden von der RCD ausgewählt, um Versammlungen und Gemeinderäte zu bilden, die die Aufgabe haben werden, sich im Namen der gesamten Bevölkerung für die Sezession des Kivu auszusprechen“, so eine von kirchlichen Kreisen verbreitete Erklärung.

In neueren Berichten ist davon die Rede, daß die RCD am heutigen 30. Juni eine „Republik Kivu“ ausrufen wolle, die dann faktisch ein Satellitenstaat Ruandas wäre. Es habe bereits Proteste dagegen gegeben. Eine andere Gruppierung verbreitet eine „Judas-Liste“ der angeblich daran beteiligten Kongolesen und erklärt, Ruanda habe Tausende von Soldaten in die Region geschickt, um Gegner einer Sezession zu verhaften.

Die RCD dementiert. RCD-Vizepräsident Moise Nyarugabo erklärte in einem Interview: „Wir brauchen kein separates Kivu. Wir brauchen ganz Kongo.“ RCD-Innenminister Joseph Mudumbi sagte: „Nirgends ist eine Versammlung über die Sezession des Kivu abgehalten worden. Die RCD wird ein solches Projekt nie unterstützen.“ In der Region zirkulierende Flugblätter darüber seien das Werk von „Extremisten, die in unserer Bevölkerung ethnischen Haß schüren wollen“.

Ethnischen Haß schürt vor allem Kongos Regierung. Informationsminister Didier Mumengi veröffentliche vor einigen Tagen eine flammende Rede, in der er Ruanda mit Nazideutschland verglich und Ruandas Vizepräsidenten Paul Kagame mit Adolf Hitler. Die ruandische Kultur sei eine „der chronischen Intoleranz und der ständigen ethnischen Säuberung“, der ruandische Staat eine „blutige faschistische Ethnokratie“, so Mumengi: „Für die internationale Gemeinschaft und das ruandische Volk ergibt sich die Notwendigkeit, Paul Kagame unschädlich zu machen und ihn als den Halunken zu behandeln, der er ist.“ Kongo sei zu einem „langen heiligen Krieg“ bereit.

Im Licht dieser Tirade ist es schwer vorstellbar, daß Kongos Regierung Frieden mit Ruanda schließt, wie es eigentlich im Laufe der Woche geschehen soll. Die optimistische Lesart ist, daß kurz vor dem heutigen Unabhängigkeitstag im Kongo an patriotische Gefühle appelliert werden soll. Wenn die beschworene Sezession des Kivu unter ruandischer Führung nicht stattfindet, wäre dies als Triumph zu deuten, der einen Friedensschluß ermöglicht. Dominic Johnson

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