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Einbruch beim Aufbruch: Frau Minister läßt prüfen

Beim Gleichstellungsprogramm setzt Ministerin Bergmann auf „Kooperation“. Herrn Hundt wird's freuen  ■   Von Heide Oestreich

Berlin (taz) – Wer hätte noch den großen Wurf erwartet, nachdem die Wirtschaftslobby sich breite Sessel ins Kanzleramt gestellt hat und schon die Regelung des Erziehungsurlaubs Wutausbrüche im Kabinett produzierte? So ist das Gleichstellungsprogramm „Frau und Beruf“ eher ein Bündel von Programmen und Prüfaufträgen geworden. Es deckt zwar den gesamten Bereich der beruflichen Gleichstellung ab, vom Gleichstellungsgesetz bis zum „neuen Leitbild für Männer“, doch die Vorgaben sind oft genug vage und bleiben in wesentlichen Punkten hinter den Ankündigungen des Koalitionsvertrages zurück.

Das gesamte Programm ist als „Arbeitsprogramm“ für diese Legislaturperiode angekündigt, das „prozeßhaft“ umgesetzt werden soll. Das schließt die Möglichkeit zu produktiver Veränderung ebenso ein wie die zu weiterer Deformation im Windkanal der Ökonomie.

Zu Hoffnung berechtigt die lange angekündigte Novelle des Gleichberechtigungsgesetzes. Statt des 1994 beschlossenen Gummigesetzes, das den „Frauenanteil“ im öffentlichen Dienst „erhöhen“ wollte, ist nun von Gleichstellungsplänen mit verbindlichen Vorgaben die Rede – von „bevorzugter Einstellung“ von Frauen in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind. Kompetenz und Widerspruchsrecht der Frauenbeauftragten, die über die Gleichstellungspläne wachen, sollen gestärkt werden.

Nach dem vollmundig angekündigten Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft muß man in dem Papier dagegen lange suchen: Irgendwo zwischen werbenden Ausführungen über die gut ausgebildeten Frauen von heute und den „Dialogen“ mit der Wirtschaft verstecken sich erwünschte Selbstverpflichtungen der Unternehmen zum Abbau von Diskriminierung und zur Förderung der Beschäftigung von Frauen. „Im Dialog“ sollen nun die gesetzlichen Regelungen erarbeitet werden.

Die eingerichtete Expertengruppe aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Regierung beurteilt Helga Lukoschat von der „Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft“ verhalten positiv: „Es gibt so unterschiedliche Branchen und Unternehmen, daß allgemeine Gesetze oft nicht greifen können. Frauen aus der Wirtschaft bestätigen uns immer wieder: Wenn man den Dialog nicht sucht, dann geht der Schuß nach hinten los.“ Dennoch läßt das Papier die im Koalitionsvertrag angekündigten Förderpläne und Gleichstellungsbeauftragten vermissen.

Zumindest für Transparenz im Lohngefüge wird der im Amsterdamer Vertrag vorgegebene „Bericht zur Lohngleichheit“ sorgen, auf den sich die Gewerkschafterinnen bei Tarifverhandlungen berufen können. Ein Klagerecht für Verbände bei Lohndiskrimierung, das im Koalitionsvertrag noch vorgesehen war, wird dagegen jetzt nur noch „geprüft“. Ebenso „geprüft“ wird die Änderung des Vergaberechts, durch die staatliche Aufträge an das Kriterium „Frauenförderung“ gekoppelt werden sollten. „Es wimmelt von Prüfaufträgen in diesem Papier“, kommentiert die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, „aber das Vergaberecht ist in einigen Bundesländern schon geändert, da muß überhaupt nichts geprüft, sondern nur gemacht werden.“ Verwässert sind auch die Regelungen, die den Erziehungsurlaub betreffen. Statt des angekündigten Rechtsanspruchs auf drei Jahre Erziehungsurlaub, die sowohl zwischen den Eltern als auch zeitlich frei aufteilbar sein sollten, wird die zeitliche Aufteilung nun „geprüft“.

Positiv ist, daß in Anknüpfung an den Amsterdamer Vertrag ein Ansatz für das „Gender Mainstreaming“ gemacht wird. Eine ständige „interministerielle Arbeitsgruppe“ wird „auf Leitungsebene“ die Verbesserung der Gleichstellung beraten, gleichzeitig wird ein „Kriterienkatalog“ für das eigentliche „Mainstreaming“ entwickelt. Mit Hilfe dieses Katalogs können die Vorhaben der Regierung auf ihre Auswirkungen auf Frauen und Männer überprüft werden. „Mainstreamen“ will die Ministerin auch das Arbeitsförderungsrecht, es soll den frauentypischen „löchrigen“ Erwerbsbiographien stärker Rechnung tragen.

Positiv sind auch viele kleinere Programme, die Mädchen in zukunftsträchtige Berufe locken sollen, Frauen in technischen Berufen und im Handwerk vernetzen, Kredite für Existenzgründerinnen ermöglichen, Datenbanken und „Kompetenzzentren“ in verschiedensten Bereichen aufbauen. Im Bildungsbereich wird ebenfalls kräftig gefördert, dort gibt es sogar frauenfreundliche Vergabekriterien für die Finanzzuweisungen.

Was also bringt Bergmanns „Aufbruch in der Gleichstellungspolitik“ namens „Frau und Beruf“? Im staatlichen Sektor rennt man nicht mehr gegen ein rüschenbesetztes Luftblüschen an, aber dafür mauert in der Privatwirtschaft kompakter dunkelgrauer Zwirn. Und den kann man nicht mal eben abwählen.

„Es wimmelt von Prüfaufträgen in diesem Papier, dabei muß überhaupt nichts geprüft, sondern nur gemacht werden.“

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