: Total-Fina schmiert Elf Aquitaine ein
Der größte Mineralölkonzern Frankreichs will den direkten Konkurrenten Elf Aquitaine übernehmen und unterbreitet ein feindliches Angebot. Das neue Unternehmen wäre weltweit die Nummer vier ■ Von Beate Willms
Berlin (taz) – Das hatte Philippe Jaffré sich auch ganz anders vorgestellt: Noch Ende letzten Jahres stand er als Vorstandschef der französischen Elf Aquitaine an der Spitze des drittgrößten europäischen Mineralölunternehmens. Dann war ausgerechnet sein ärgster heimischer Konkurrent Total nach der Fusion mit dem belgischen Konzern Petrofina an ihm vorbeigerauscht. Und die anschließenden Gespräche über eine mögliche Allianz oder gar Zusammenlegung der neuentstandenen Total-Fina und Elf Aquitaine sind offenbar ganz in die Hose gegangen – jedenfalls für Jaffré. Am Montag morgen legte Total-Fina-Chef Thierry Desmarest ein Übernahmeangebot für sämtliche Elf-Aktien vor. Eine „feindliche“ Offerte, wie die Elf-Geschäftsführung postwendend abweisend erklären ließ. Von einer Übernahme sei nie die Rede gewesen.
35 Tage haben die Anteilseigner von Elf jetzt Zeit, ihre Elf-Aktien gegen Total-Fina-Anteile zu tauschen – 3 Elf-Papiere gegen 4 Total-Finas. Laut Desmarest ist das ein Aufschlag von 15 bis 20 Prozent auf den aktuellen Kurs. Wenn alle mitmachen und man als Grundwert die Notierungen beim Pariser Börsenschluß von Freitag nimmt, dürfte das französisch-belgische Unternehmen rund 42 Milliarden Euro für die Übernahme hinlegen.
Mindestens 1,2 Milliarden Euro davon sollen durch Synergieeffekte jährlich wieder hereingeholt werden. Weltweit könne man etwa 4.200 der dann mehr als 155.000 Arbeitsplätze rationalisieren, hieß es. Außerdem soll ein Teil der Tochterunternehmen verkauft werden. Total-Fina würde nach gelungener Übernahme von Platz 6 auf Platz 4 der weltweit größten Mineralölkonzerne vorrücken und dann nur noch hinter den Branchenriesen Exxon/Mobil, BP/Amoco/Arco und Royal Dutch/Shell rangieren, deren Börsenwert allerdings immer noch mehr als doppelt so hoch ist.
Die Analysten zeigten sich ebenso überrascht über den Coup wie das Elf-Management. „Zwischen beiden Konzernen gibt es etliche Überschneidungen und wenig Ergänzendes“, sagte einer. So habe Total-Fina alleine schon ein dichtes Netz von Tankstellen in Frankreich. „Das lohnt sich nur, wenn richtig Stellen wegfallen.“ Ein anderer verwies auf die „goldene Aktie“ des französischen Staates, der ein Veto gegen die Übernahme einlegen kann. Desmarest erklärte allerdings, er habe „bereits im Vorfeld an staatlichen Stellen vorgefühlt“. Erfolgversprechende andere Möglichkeiten, sich gegen das feindliche Angebot zur Wehr zu setzen, sehen die Experten kaum. „Ich wüßte nicht, wer hier den weißen Ritter abgeben sollte“, sagte einer.
Allerdings erklärte ein Sprecher der EU-Wettbewerbskommission, bislang habe Total-Fina das Vorhaben weder angemeldet noch Kontakt aufgenommen.
Die Mineralölbranche ist seit gut einem Jahr in Aufruhr. Seitdem gaben fast alle großen Konzerne Fusionen bekannt. Anlaß war vor allem der lange Zeit gesunkene Ölpreis, der sich gerade erst wieder erholt, nachdem die Opec-Länder ihre Ölförderung eingeschränkt haben. Nach einem Tief von knapp 10 US-Dollar pro Barrel liegt er inzwischen wieder bei 18 US-Dollar. Zum Vergleich: Im Jahresdurchschnitt 1997 waren es 19,4 US-Dollar.
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