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Familie H. muß weg aus Deutschland

■ Gericht besiegelt Ausweisung von achtköpfiger Familie

Die libanesische Familie H. muß trotz des Protestes von Kinderschutzbeauftragten, Flüchtlingshelfern und Ausländerbeauftragter Deutschland verlassen. Das folgt aus einem Beschluß des Bremer Oberverwaltungsgerichts (OVG), das damit ein früheres Verwal-tungsgerichtsurteil bestätigt. Dagegen hatte die Familie unter Hinweis auf eine Altfallregelung Beschwerde beim OVG eingelegt. Zuvor war sie kurzzeitig ins Kirchenasyl geflüchtet, um eine Abschiebung zu verhindern.

Vor Gericht hatte Familie H., die seit elf Jahren in Bremen lebt, geltend gemacht, wegen eines Behördenversehens nie eine Arbeitserlaubnis erhalten zu haben. Dies habe folgenschwere Nachteile gehabt – weil die Familie nur mit eigenem Einkommen unter die Altfallregelung gefallen wäre. Diese Regelung der alten Bundesregierung gestattete AusländerInnen, die wegen widriger Umstände oder langer Asylverfahren schon lange in Deutschland leben, unter bestimmten Bedingungen zu bleiben. Ziel war es, unmenschliche Härtefälle zu vermeiden. Flüchtlingsgruppen hatten diese Altfallregelung als sehr restriktiv kritisiert.

Der libanesische Familienvater Abul Nabi H. hatte immer beteuert, er hätte für den Lebensunterhalt seiner Frau und seiner sechs Kinder wenigstens teilweise sorgen können. Bereits früher sei ihm eine Arbeitsstelle angeboten worden, die er aber nicht habe annehmen dürfen. Er habe immer arbeiten wollen, statt über 4.000 Mark Sozialhilfe zu beziehen; sogar eine billigere Wohnung habe er beziehen wollen. Auch jetzt hat der Familienvater wieder begründete Aussicht auf einen Job – allerdings nur als befristeten Vertrag bei der Werkstatt Bremen. „Ausreichende und dauerhafte Finanzierung“ sei damit nicht gesichert, befand das Bremer OVG.

Der Anwalt der Familie, Hans-Georg Schumacher, sieht damit jedoch nicht alle Hoffnung verloren. Am Tag der Gerichtsentscheidung sei ihm auch die Mitteilung zugegangen, daß der Familienvater weitere 800 Mark in einem Nebenjob verdienen könne. Auf dieser neuen Grundlage werde er versuchen, mit dem Ausländeramt zu verhandeln. Bei Scheitern solcher Gespräche will er möglicherweise erneut vor Gericht ziehen. Schließlich gebe es eine neue Sachlage. Hoffnungen macht er sich auch deshalb, weil die Richter im Urteil nicht über eine mögliche Anwendung der Altfallregelung entschieden hatten, sondern die wirtschaftliche Situation der Familie in den Vordergrund gestellt hatten. Sei diese gelöst, könnte die Familie vielleicht doch mit Hilfe der Altfallregelung bleiben, so der Anwalt. Ohne Kenntnis des zusätzlichen Jobangebotes hieß es gestern im Bremer Ausländeramt, daß die Familie schon lange ausreisepflichtig sei – und man eine Ausreise erwarte. Tatsächlich hatte die Behörde die Abschiebung schon lange betrieben, war jedoch u.a. an den Schwangerschaften der Familienmutter und an schwieriger Paßbeschaffung für das Jüngste gescheitert. ede

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