piwik no script img

Metamorphose eines Dorfes

Netzeband repräsentiert Brandenburg als „Dorf 2000“ auf der Expo. '99 steigt dort zunächst ein avantgardistischer Theatersommer  ■   Von Esther Kogelboom

Irgendwo zwischen Neuruppin und Wittstock, da liegt Netzeband. Eine kleine Kirche, ein paar alte Gutshäuser und ein maroder Bahnhof am Ende der Dorfstraße – so präsentierte sich die Siedlung dem Durchreisenden noch vor vier Jahren. Doch heute ist Netzeband frisch saniert und damit fit für das neue Millennium: Die kleine Gemeinde darf das Land Brandenburg im Rahmen des Projektes „Dorf 2000“ auf der Expo in Hannover vertreten. Zu verdanken hat Netzeband diese Ehre der Privatinitiative des Düsseldorfer Landschaftsarchitekten Horst Wagenfeld, der das 180-Seelen-Dorf aus seinem Dornröschenschlaf wachküßte und damit ein Beispiel für vorbildliche Dorfsanierung setzte. Entstanden ist ein neuer Dorfkern mit einem Landhotel, einer zum Büro ausgebauten Schinkel-Kirche, einer Direktvermarktung ökologischer Landprodukte und einem Landschaftspark – die „Metamorphose eines Dorfes“, so der Sozialdemokrat und stellvertretende Bürgermeister Wagenfeld. 1,7 Millionen Mark Fördergelder stecken in Netzeband, und das sieht man. Aber nicht alle Netzebander sind begeistert. „Das sind alles passionierte Jäger, und ein Jäger, der auf einem Anstand sitzt und auf seinen 16-Ender wartet, fühlt sich von den Touristen eher belästigt“, meint Wagenfeld, der sich ansonsten der Akzeptanz der Einwohner sicher ist, die auch den alljährlich stattfindenen Theatersommer mit Wohlwollen annehmen. Und kulturell hat Netzeband tatsächlich Beachtliches geleistet – seit 1996 kamen immerhin insgesamt 50.000 Besucher, um die außergewöhnlichen Inszenierungen zu sehen. Highlight dieses Sommers: „Faust Public“, das in Zusammenarbeit Berliner und Brandenburger Schauspielschulen entstand und zehn verschiedene Stationen des faustischen Lebens unter freiem Himmel zeigt. Mit Unterstützung des „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ findet außerdem eine Neuinszenierung der „Rocky Horror Picture Show“ statt, zu der Fans aus ganz Deutschland erwartet werden. Den akuten Bettenmangel haben die Netzebander elegant gelöst – Quartier finden die Musicalfans in ausrangierten Schlafwagen der Deutschen Bahn.

Kartenvorbestellung und Information Theatersommer Netzeband: Tel.: (03 39 24) 7 06 66, Fax: (03 39 24) 7 06 80

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen