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Torschlußkämpfe im Kongo

■ Rebellenoffensive kurz vor dem Waffenstillstand. Ugandas Präsident unterschreibt das Abkommen möglicherweise nicht

Berlin (taz) – Kurz vor der für heute erwarteten Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens für die Demokratische Republik Kongo durch die Staatschefs der am Kongo-Krieg beteiligten Länder sind die Kämpfe noch einmal kräftig aufgeflammt. Die von Ruanda unterstützte kongolesische Rebellenbewegung „Kongolesische Sammlung für Demokratie“ (RCD) berichtete von Geländegewinnen im zentralkongolesischen Diamamtenfördergebiet um die Stadt Mbuji-Mayi. RCD-Vizepräsident Moise Nyarugabo sagte, es gebe eine „große Schlacht um die Kontrolle von Kabinda“, eine Stadt östlich von Mbuji-Mayi. Die RCD, unterstützt von Ruandas Armee, habe die von Simbabwe unterstützten Regierungstruppen von Präsident Laurent Kabila bis ins Stadtzentrum gejagt und ihr Hauptquartier eingenommen.

Daß so kurz vor dem erwarteten Waffenstillstand noch gekämpft wird, ist logisch, denn das am Mittwoch abend geschlossene Abkommen für den Kongo definiert keine Waffenstillstandslinie, sondern friert die Frontlinie auf dem Stand des Zeitpunkts ein, an dem der Waffenstillstand in Kraft tritt. So hat jede Seite ein Interesse daran, vorher noch Geländegewinne zu erzielen.

Im Norden des Kongo setzte die von Uganda unterstützte Rebellenbewegung „Kongolesische Befreiungsbewegung“ (MLC) ebenfalls territoriale Duftmarken. MLC-Führer Jean-Pierre Bemba verlegte feierlich sein Feldhauptquartier in die Stadt Gbadolite, Geburtsort des verstorbenen zairischen Diktators Mobutu Sese Seko, an der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik.

Von Ruanda und Uganda, den Hauptunterstützern der kongolesischen Rebellion, kommen derweil widersprüchliche Signale. Ruandas Vizepräsident Paul Kagame nannte das Abkommen einen „interessanten Durchbruch“, warnte jedoch, sein Erfolg werde daran gemessen, ob die im Kongo stationierten ruandischen Hutu-Milizen „in dem Ausmaß kaltgestellt werden, daß sie keine Bedrohung mehr für uns oder sonst jemand darstellen“. Die im Abkommen vorgesehene Entwaffnung der Hutu-Milizen gilt allgemein als der schwierigste Teil des Kongo-Friedensprozesses.

Für Verwirrung hatte zuvor gesorgt, daß Ruandas Außenminister und Verhandlungsführer bei den Kongo-Friedensverhandlungen, Amri Sued Ismail, am Tag des Abschlusses der Verhandlungen entlassen worden war. Die ruandische Nachrichtenagentur RNA berichtete, ein Regierungsmitglied, das anonym bleiben wollte, habe die Entlassung damit erklärt, daß Ismail die Interessen Ruandas gegenüber dem Ausland nicht gut genug vertreten habe. Offiziell wurde die Entlassung mit finanziellen Unregelmäßigkeiten begründet. RNA zufolge hat Ismail, der vor seiner Berufung zum Außenminister im vergangenen Februar Botschafter in Ägypten gewesen war, seinen Nachfolger in diesem Posten gezwungen, seine in Kairo zurückgebliebene Frau finanziell zu unterhalten.

Während Ruandas Präsident Pasteur Bizimungu zugesagt hat, das Kongo-Friedensabkommen zu unterzeichnen, ist die Unterschrift seines ugandischen Amtskollegen Yoweri Museveni fraglich. Das Bundesaußenministerium bestätigte gestern gegenüber der taz, daß Museveni kurzfristig zu einem rein privaten Besuch unbekannter Dauer nach Deutschland geflogen sei. Wenn er nicht ganz schnell wieder abreist, wird Museveni die Unterzeichnungszeremonie in Sambias Hauptstadt Lusaka am heutigen Samstag verpassen. D. J.

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