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Die Suche nach den Genen

Die neue Freisetzungsrichtlinie wird ein Langzeitmonitoring für Gentech-Pflanzen vorschreiben. Drei Bundesbehörden streiten sich um diese Aufgabe  ■   Von Wolfgang Löhr

Die biologische Sicherheitsforschung müsse verstärkt werden. In der grünen Gentechnik gebe es noch ein enormes Forschungsdefizit. Zu diesem Ergebnis kamen die rund 200 Wissenschaftler, die Ende Juni auf Einladung des Bundesforschungsministeriums zu einem Statusseminar zur „Biologischen Sicherheitsforschung“ in Braunschweig zusammengekommen waren. Das Forschungsminsterium unterstützt seit 1987 schon in einem speziellem Förderprogramm wissenschaftliche Studien zu Sicherheitsfragen in der Gentechnologie. Jetzt wird überlegt, ob das Programm auf die „anbaubegleitende Überwachung “ ausgedehnt werden soll.

Noch gibt es hierzulande keinen großflächigen Anbau von genmanipulierten Pflanzen. Im Gegensatz zu den USA, wo dieses Jahr schon auf über der Hälfte der Anbaufläche für Soja Gentech-Pflanzen ausgebracht wurden. Doch auch bei uns wird die grüne Gentechnik nicht aufzuhalten sein. Darüber waren sich die Teilnehmer des Satusseminars weitgehend einig.

Spätestes mit der für Ende 2000 geplanten neuen europäischen Freisetzungsrichtlinie wird dann auch vorgeschrieben sein, daß der großflächige Anbau von genmanipuliertem Saatgut einer ökologischen Langzeitüberwachung unterliegt. „Da bin ich mir ganz sicher, daß das kommen wird“, meint Joachim Schiemann von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirschaft (BBA) in Braunschweig.

In Langzeitstudien soll dann untersucht werden, ob der großflächige Anbau von Gentech-Pflanzen zu einer Beinträchtigung der Umwelt führt. Ob zum Beispiel durch den Anbau von insektenresistentem Mais Schmetterlingspopulationen dezimiert werden oder sich der genveränderte Raps in Naturreservaten etablieren kann.

Offen sei nur noch, so berichtet Schiemann, ob die Überwachung verbindlich festgeschrieben werde oder nur für einzelne Gentech-Pflanzen durchgeführt werden müsse. Ebenso sei unklar, welchen Anteil die Saatgutfirmen übernehmen müßten und „was von der öffentlichen Hand zu leisten sein wird“.

Während die Saatgutindustrie, vor allem die kleineren, mittelständischen Unternehmen, jetzt schon klagen, daß sie das auf keinen Fall finanzieren könnten, streiten sich gleich drei staatliche Forschungsinstitute regelrecht um diese Aufgabe.

Das Robert-Koch-Institut (RKI), das für Genehmigungen nach dem Gentechnikgesetz zuständig ist, geht wie selbstverständlich davon aus, daß es auch federführend bei dem Anbaumonitoring sein wird. „Wir stellen uns vor, daß die Informationen bei uns zusammenfließen und wir auch die Öffentlichkeit informieren werden“, sagte RKI-Mitarbeiter Joachim Bendiek in Braunschweig.

Auch die BBA meldet einen Führungsanspruch beim anbaubegleitenden Gentech-Monitoring an. Vor wenigen Monaten erst gründetet sie unter anderem mit den Pflanzenschutzämtern der Bundesländer, dem Bundessortenamt und dem Bundesverband der Pflanzenzüchter ein gemeinsames Netzwerk, so Schiemann, daß ein Konzept für die Umweltüberwachung erarbeiten solle.

Der dritte Anwärter ist das Umweltbundesamt (UBA). Das UBA beschäftigt sich mit dem Umweltmonitoring schon am längsten. Seit 1993 schon wird am UBA an einem Gesamtkonzept für die Umweltbegutachtung gearbeitet, die Überwachung der Gentech-Pflanzen soll als ein Element in das Programm integriert werden. Im vergangenen Jahr erst hatte das UBA von den Umweltministern der Bundesländer offiziell die Aufgabe übertragen bekommen, die Dauerbeobachtung des zugelassenen Gentech-Saatgutes zu übernehmen.

Welche Bundesbehörde sich letzendlich durchsetzen kann, werden vermutlich die vier zuständigen Bonner Ministerien für Gesundheit, Umwelt, Landwirtschaft und Forschung ausfechten.

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