Hoffnungslosigkeit mit Stil

■ Echos aus einem anderen fin de siècle: Mit einem schwermütigen Tschechow-Abend verabschiedet sich Rolf Mares von der Komödie Winterhuder Fährhaus

Vor über 100 Jahren schrieb der junge Tschechow im fernen Rußland einige Einakter. Am Vorabend heraufziehender Katastrophen zeichnete er mit leichter Hand Skizzen der schwindsüchtigen bürgerlichen und adeligen Gesellschaft, die sich ihre Schwermut gut stehen läßt, zusammen mit ihren Orden und Monokeln. Wenn jetzt mit Der Bär und Der Heiratsantrag in der Komödie Winterhuder Fährhaus zum Abschied des Leiters Rolf Mares zwei dieser Einakter zur Aufführung kommen, wird das Publikum erneut in diese wehmütige Hoffnungslosigkeit des sich dem Ende neigenden 19. Jahrhunderts vesetzt.

Die beiden Stücke, die Christoph Brück bei diesem Tschechow-Abend zusammen mit dem Monolog Über die Schädlichkeit des Tabaks aufführt, gehören zu den eher unbekannten Werken des als Arzt tätigen Dramatikers aus der Zarenzeit. In Der Bär, entstanden Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts, muß sich die Gutsbesizterin Popowa nach dem Tod ihres Mannes mit dessen Gläubigern herumschlagen. Mit einem, der sich gar nicht abwimmeln läßt, geht sie fast in die letzte Instanz und beraumt ein Pistolenduell an. Aber die Dinge nehmen im letzten Moment eine ganz andere Wendung.

Im zweiten Einakter versucht ein hypochondrischer Gutsbesitzer, der streitfreudigen Tochter seines Nachbarn einen Heiratsantrag zu machen. Der wenig Konfliktfähige fällt aber bei den Streitereien über zwei Jagdhunde mit der wenig milden Zukünftigen vor Schreck in Ohnmacht. Die Partie scheint zu scheitern. Schließlich schaltet sich der Vater ein und bringt den schwächlichen Verehrer dazu, seine Tochter zu küssen, bevor ein neuer Streit ausbricht. In den Rollen werden Peter Bause, Saskia Fischer und Utz Richter zu sehen sein.

Scheinen die Handlungsmuster etwas simpel gestrickt und in ihrer Düsterkeit ihrer Entstehungszeit verhaftet, in der die gehobene Gesellschaft das Ende ihrer Ära schon nahen fühlte, sind doch die Stücke keinesfalls überholt. Maxim Gorki sagte etwa über die Einakter Tschechows, sie seien „nicht Handlung, sondern Musik“. So zeigen sie die schwermutsvollen Stimmungen zum Ende des vergangenen Jahrhunderts mit schicksalsschwerer Symbolik – und treffen wie ein Echo den Zuschauer in der Tür-angel zum 21. Jahrhundert.

Anna von Villiez Premiere: Fr, 16. Juli, 20 Uhr, Komödie Winterhuder Fährhaus, noch bis 13. September