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Hamburger zu Hüpfbürgern

■ Mit Daueramüsement beendet der brasilianische Superstar Daniela Mercury standesgemäß das Westport-Festival

Eine brasilianische Tanznacht war zum Abschluß des Westports angekündigt. Und das war's auch. Musik aus Brasilien ist eine Karte, die fast immer zieht. Denn sie ist mehr als Stimme und Rhythmus: Ein Feeling, ein Kombipack aus Sound, Caipirinhas und schönen Körpern. Und die kleine brasilianische Gemeinde zieht alle in ein Fest, bei dem ausgehend von der ersten Reihe mitgetanzt wird. Zwei Vortänzer und Daniela Mercury gaben den Takt vor, in unermüdlicher Bewegung 75 Minuten Ton und Tanz nonstop, dann zehn Minuten Begeisterungsgebrüll und schließlich vier Zugaben mit furiosem Schluß samt Publikum auf der Bühne.

Daß das trotz einiger Bläsersätze ganz und gar kein Jazz ist, wurde hier schon oft gesagt. Aber Weltmusik. Dabei ist nun nicht mehr das Durchforsten der Welt nach Exotischem gemeint oder die übliche Betonung der kreativ durchmischten Musikkultur in Salvador do Bahia. Die Band um Superstar Daniela Mercury ist zwar dort beheimatet, rekrutiert sich aber eher weniger aus der schwarzen Mehrheit dieser Region.

Aus Brasilien kommt inzwischen eine weltweit funktionierende, TV-Show-kompatible Fusionsmusik. Wenn vor dem rotgoldenen Glitzervorhang auf dem Laufsteg die Gogo-Boys tanzen und der Star des Abends abwechselnd im weißen, mit Silberbrokat bestickten Kleid und silbern paillettierten Body mit hellgrüner Rockandeutung auftritt, geht es um jenes zwar aus dem Karneval geborene, doch längst auf das ganze Jahr ausgedehnte professionelle Dauer-Amüsement, mit dem die Medienkonzerne das größte lateinamerikanische Land beschäftigen.

Ein Auftritt wie dieser zieht in den brasilianischen Großstädten leicht 30.000 Leute an, so daß der gutgelaunte Urlaubsersatz im nicht übervollen Festzelt vor den Deichtorhallen den brasilianischen Gästen dann wohl doch eher provinziell vorgekommen sein muß. Hajo Schiff

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