„Was ist die Lösung? Sozialismus.“

Betr: „Jeder soll mit jedem ficken“ von Thomas Klein, taz vom 15. 7. 99

[...] Es geht nicht ums Ficken, es geht um Klassenkampf. Es ist richtig, daß Bulworth der von Clinton enttäuschte US-Liberale ist und darin Beatty gleicht. Die Demokraten haben ihre Stammwählerschaft, Schwarze und andere Unterprivilegierte, aufgegeben, um sich der Neuen Mitte anzudienen. Was ist aber die Konsequenz daraus, die Bulworth im Film zieht? Jedenfalls kein Zurück zur Kultur-Revolte.

Die junge Schwarze Nina erklärt es ihm in einer plakativen Schlüsselszene. Bulworth fragt, wo die progressiven Schwarzen wie Malcolm X geblieben seien. Nina hält ihm daraufhin einen Vortrag, daß es an der Deindustrialisierung der Städte liegt, durch die der schwarzen Bevölkerung ihre ökonomische Basis entzogen wurde, und damit die Mittel zur effektiven politischen Organisierung. In der viel gepriesenen Dienstleistungsgesellschaft läßt sich eben kein Geld verdienen. Diese Szene erinnert an Ken Loachs effektive Technik, die politische Botschaft eines Films durch den in einer einzigen, langen Einstellung gefilmten Monolog eines Protagonisten herauszuarbeiten.

Später, in einem Fernsehinterview, wiederholt dann Bulworth selbst denselben Vortrag, mit identischen Worten. Und er schließt an: „Was ist die Lösung? Sozialismus.“ Diese Worte hören wir im weiteren Verlauf des Films ebenfalls ein zweites Mal. Während Bulworths Frau mit seinem Wahlkampfberater schläft, läuft der Fernseher im Hintergrund, und zeigt das Interview.

Sozialismus, nicht ficken, ist für amerikanische Ohren das wirklich anstößige Wort in Bulworths Rethorik. Hierin liegt der Hinweis, was Beatty für die richtige Konsequenz aus dem Verlust liberaler Illusionen hält: die Erkenntnis, daß sich die Widersprüche der bürgerlichen Gesellschaft nicht mittels harmloser Wahlpolitik lösen lassen. Daß Bulworth dies von einer jungen, offenbar akademisch ausgebildeten Schwarzen lernt, die sich angesichts der Arbeitsmarktsituation aber als Killerin etc. verdingen muß, ist ebenfalls programmatisch. Es waren eben die Schwarzen, die in den 60er Jahren den Startschuß zur Revolte gaben, und sie werden es nach Auffassung vieler US-Linker auch in der Zukunft wieder sein. Amiri Barakas Worte am Ende des Films schließlich machen deutlich, daß es nicht darum gehen kann, einen „besseren“ Politiker zu wählen, sondern daß es für gesellschaftliche Veränderungen sozialer Bewegung bedarf. [...] Lars Maischak, Berlin