Pop und Pain

■ Die beiden Boygroups Boy Division und Les Frères Checkolade machen ordentlich Radau und sehen dabei gut aus

Wenn es etwas gibt, was Boy Division richtig gut finden, dann vor Leuten aufzuspielen, die rein gar nichts mit ihnen anfangen können. Ist aber auch nicht jedermanns Sache, was da bei den Hamburger Cover-Lads abgeht: Da stehen einem vier blasse Jungmänner gegenüber, die alle weiße Hemden mit braunen Krawatten tragen, und, der Bandname legt es nahe, fremdes Liedgut nachspielen. Sicher ist dabei gar nichts, und die weitverbreitete Cover-Losung von 1:1 zum Original gilt hier schon gar nicht. The Cure, Nancy Sinatra oder Soft Cell – wenn Boy Division ihren Pfad durch die neuere Musikgeschichte schlagen, bekommen die Helden von einst die aktuelle Trash-Keule auf's Haupt gebrettert.

Hervorgegangen ist die Posse aus dem popgeschichtlichen KGV namens Joy Division und einer ausgetüftelten Begeisterung für das oversexte Phänomen der Bouygroup neuerer Chartkultur. Ein hybrides Konzept, das auch vor Publikum greift. Im Zentrum der Liveband Boy Division steht ein voluminöser Schlagzeuger, der auf einem ausgedienten Kochtopf herumkesselt und für diese sportive Höchstleistung mitunter einen Krampf im Oberarm kassiert.

Um ihn herum leistet die Standardbesetzung aus Bass und Gitarre Basisarbeit. Am Bühnenrand aber ist der Deibel los, wütet heißer Vokal-Terror aus dem Megaphon. Olli Hörr, hauptberuflich Kneipenwirt auf St. Pauli, gebietet seinen Stimmbändern wildeste Obsessionen, macht dabei ein gefährliches Gesicht und droht den Fans mit dem Megaphon. Pop meets Pain.

Für Les Frères Checkolade, ebenfalls eine Boygroup aus Hamburg, kommt soviel innerer wie stilistischer Aufruhr natürlich nicht in Frage. Stil funktioniert hier über Geschmack, und der trägt die festen Koordinaten French Pop aus den 70ern und frühe Stereolab in sich. Zuletzt war das frankophile Trio beim Soli-Konzert am Hafen zu sehen und sang mit leichten Liedern gegen den Aufmarsch rechter Gruppen in Bergedorf.

Wenn da eh nicht schon Sommer gewesen wäre, Les Frères Checkolade hätten die warmen Temperaturen gen Hamburg gelockt.

Oliver Rohlf Sa, 24. Juli, 21 Uhr, Rote Flora