piwik no script img

Hochstapler plante Space Park

■ 13 Monate Knast für Scheingeschäfte und echte Spesen

Quasi ein Schnäppchen war der neue Mitarbeiter Dieter R., als das Bremer Ingenieurbüro S. ihn vor zwei Jahren einwarb. Angeblich verfügte der 61jährige Bauingenieur über Kontakte zu Bürgerschaftsabgeordneten, hatte jahrelang Projekte im Irak und Arabien betreut, sprach mehrere Sprachen – und verlangte nur 100.000 Mark Jahressold. Für den Arbeitgeber offenbar der richtige Mann für die Entwicklung der Großprojekte Space und Ocean Park. Als sich die politischen Entscheidungen über die Freizeitparks jedoch verzögerten und deshalb wenig zu tun war, begann der Neue unbemerkt, betrügerische Scheinaktivitäten zu entwickeln. Für diese stellte er drei MitarbeiterInnen ein, fälschte Verträge, ging auf Geschäftsreisen und verpraßte Spesen. Gestern verurteilte ihn das Bremer Amtsgericht wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu 13 Monaten Haft. Voraussichtlich sitzt er länger – wegen früherer Betrugsurteile, ausgesetzt zur Bewährung.

„Ich habe das nur gemacht, um meinen Job zu behalten“, erklärte der Beschuldigte vor Gericht. „Der Druck war enorm.“ Weil alle Entscheidungen über die Parks stagnierten, habe er einen Architekten, eine Fremdsprachensekretärin und einen Gärtner eingestellt – um Aktivitäten vorzutäuschen. Das Gericht geht von einem Schaden von rund 100.000 Mark aus. Der Betrug war aufgeflogen, als Rechnungen nicht beglichen wurden.

Schon nach zwei Monaten hatte der Chef des Ingenieurbüros, Dieter R., die Prokura erteilt. „Da hatte ich für 1,2 Millionen Mark Projekte für den Space- und den Ocean Park herangeholt“, brüstete sich der Angeklagte gestern. „Wir waren anfangs sehr zufrieden mit ihm“, bestätigt auch der Chef. Was er erst gestern vom Richter erfuhr: Gegen Dieter R. lief bereits zum Zeitpunkt seiner Einstellung ein Ermittlungsverfahren wegen sechsfachen Betrugs. Außerdem war er vorbestraft – wegen Urkundenfälschung, unrechtlichen Tragens akademischer Titel und Betrugs.

„Seine Überzeugungskraft und sein Auftreten haben unsere Zweifel lange beschwichtigt“, erklärte ein ehemaliger Kollege. „Wir waren alle von ihm geblendet.“ Finanziell hat der 61jährige von seinem Handeln nicht profitiert. Er bekam keine Provision. Einer seiner Ex-Kollegen glaubt: „Er wollte sich nur profilieren.“ Andrea Reidl

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen