: Für 76 Pfennig kommt Solarstrom aus der Steckdose
■ Neu im Bewag-Angebot: Strom aus Solaranlagen zum mehr als doppelten Preis
PC, das heißt bei der Bewag normalerweise Personalcomputer. Nun hat sich der Stromversorger auf eine andere Bedeutung der Abkürzung besonnen: politically correct. Zunächst rund 25.000 Bewag-Kunden erhalten dieser Tag per Post das Angebot, „SolarStrom“ zu beziehen. Wer mehr als 30 Kilowattstunden (kwh) pro Jahr verbraucht – üblich sind etwa 3.000 kwh pro Jahr – kann zukünftig den Strom aus Solaranlagen beziehen. Ist dies gewährleistet, kann jeder den Anteil regenerativer Energien an der eigenen Stromversorgung bestimmen. Der Sonnenstrom ist aber mehr als doppelt so teuer wie der normale: Statt 29 Pfennig müssen 76 Pfennig pro Kilowattstunde berappt werden.
Der Clou der Bewag: Sie legt selbst noch einmal 76 Pfennig drauf, um den Preis für den tatsächlichen Aufwand, den die Bewag mit 1,52 Mark angibt, zu erzielen. Der Solarstrom ist Teil des sogenannten Energie-2000-Programmes der Bewag. 40 Millionen Mark macht die Bewag bis zum Jahreswechsel locker, um die Markteinführung erneuerbarer Energien in Berlin zu unterstützen. Sehr viel sind die 40 Millionen Mark allerdings nicht – im Geschäftsjahr 1997/98 hat die Bewag einen Erlös von mehr als drei Milliarden Mark erzielt.
So bezeichnet Burkhard Müller-Schoenau (Grüne) das Solarstromprogramm als „Alibi“, weil der Kreis der Interessenten sich „in Grenzen halten dürfte“. Am Ende könne es heißen: „Sie sehen, daß niemand den Solarstrom haben will, also lassen wir es ganz.“ Viel sinnvoller sei es, die Solarstromerzeugung auf der Produzenten- und nicht auf der Verbraucherseite zu förden. „Das ist dreimal besser, als die Verbraucher zur Kasse zu bitten.“ Auch der energiepolitische Sprecher der PDS, Jochen Querengässer, sprach von einem „grünen Feigenblatt, das sich die Bewag umhängen will“. Das Programm sei lediglich eine „Sache für Enthusiasten“.
Tatsächlich steht zur Zeit noch völlig in den Sternen, wie viele BerlinerInnen sich am Solarprogramm beteiligen werden. Eines allerdings ist jetzt schon klar: Bei einem Kohlendioxidausstoß von mehr als 14 Milliarden Tonnen, den die Bewag in ihrem letzten Geschäftsjahr direkt oder – durch eingekauften Strom – indirekt verursacht hat – dürfte die Verringerung der Emissionen durch den Solarstrom kaum ins Gewicht fallen. Richard Rother
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