: Wortgefechte um pure Symbolik
■ Erste Wortmeldung der IRA zur schweren Krise im nordirischen Friedensprozeß. Eine Abgabe der Waffen, meint die IRA, komme gegenwärtig einer Kapitulation gleich
London (dpa) – Als „nicht hilfreich“ hat die britische Regierung eine Erklärung der irischen Untergrundorganisation IRA bezeichnet, in der diese indirekt mit einer Wiederaufnahme ihrer Aktivitäten gedroht hat. Die Erklärung zeige „das Ausmaß des vorhandenen Mißtrauens und facht dieses Mißtrauen vermutlich an“, erklärte Nordirland-Ministerin Mo Mowlam am Donnerstag im Fernsehen.
Die prokatholische IRA hatte in der Nacht in warnendem Ton erklärt, sie sei „im gegenwärtigen politischen Zusammenhang“ nicht willens, ihre Waffen abzugeben, weil dies als „Kapitulation“ verstanden werden könne. Die IRA meldete sich mit der Erklärung erstmals direkt zu der Krise zu Wort, in die der Friedensprozeß für Nordirland geraten ist. Vor einer Woche hatte die protestantische Unionistenpartei UUP eine gemeinsame Regionalregierung mit der IRA-nahen Partei Sinn Fein abgelehnt, weil die IRA nicht zur Entwaffnung bereit ist.
„Diejenigen, die (jetzt) die Abgabe der IRA-Waffen fordern, machen sich im gegenwärtigen politischen Zusammenhang (...) den gescheiterten Plan zu eigen, die Niederlage der IRA zu wollen“, heißt es in der Erklärung: „Die britische Regierung hat die Macht, diesen Zusammenhang zu ändern – und sie sollte das tun.“ Der frühere US-Senator George Mitchell, der wegen der Krise von den Regierungen in London und Dublin erneut als Vermittler zwischen den Konfliktparteien eingesetzt wurde, sagte am Donnerstag in Belfast: „Gewalt oder die Androhung von Gewalt wird die Probleme Nordirlands nicht lösen.“ Er werde am 6. September mit neuen Verhandlungen beginnen und sei überzeugt, daß das Karfreitagsabkommen doch noch umgesetzt werden könne.
Ein Sprecher der britischen Regierung erklärte: „Die Regierung sieht sich unverändert in der Pflicht, das Friedensabkommen vom Karfreitag (1998) umzusetzen und diesen Prozeß zu einem Ende zu führen.“ Premierminister Tony Blair traf am Donnerstag erneut mit Sinn-Fein-Präsident Gerry Adams und dem Chef der Unionistenpartei , David Trimble, zusammen. Ein UUP-Sprecher sagte, die IRA- Erklärung sei „die größte Bedrohung des Friedensprozesses“ seit einem Bombenanschlag vom Februar 1996, mit dem der vorletzte IRA-Waffenstillstand endete. Dabei waren zwei Menschen getötet und mehr als 100 verletzt worden. Sinn Fein-Vizepräsident Pat Doherty sagte hingegen, die Unionisten seien für die derzeitige Krise verantwortlich. Die IRA habe mehrfach und ausdrücklich ihr „definitives Interesse“ an einem Gelingen des Friedensprozesses bekundet.
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