: „Nimm Zwei“ in Concert
■ Das Bremer Duo „Take Two“ spielte Schmusejazz im Bürgerhaus Westerterrassen
Allzuviel Originalität kann man Jessica Brünjes und Thorsten Plath nun wirklich nicht vorwerfen. Ihr Bandname ist so nahe an „Tab Two“ dran, daß bestimmt schon einige etwas unaufmerksame Konzertbesucher statt Gitarrist und Sängerin einen Trompeter und einen Bassisten auf der Bühne erwartet haben, und solch eine Duokonstellation wie sie gibt es ja auch jeweils in jeder größeren Stadt. Die erfolgreichsten nach dem gleichen Rezept arbeitenden Stars „Tuck & Patti“ haben gerade in Delmenhorst gespielt, und deren Lieblingszugabe „Time after Time“ interpretierten Thorsten und Jessica auch prompt am Freitag abend in den Weserterrassen.
Aber dadurch ließ sich keiner beim Konzert die Laune verderben, denn es gibt ja im Grunde nichts Neues auf der Welt, und die beiden haben es sich so bequem in ihrer musikalischen Nische eingerichtet, daß ihr Auftritt eine wohlige und familiäre Atmosphäre hatte. Hier wurden keine innovativen Großtaten erwartet oder geboten, sondern grundsolider Popjazz gespielt, bei dem sich beide dann doch durch einen eigenen, jeweils sehr prägnanten Ton auszeichneten. Und man merkte, wie gerne Jessica Brünjes und Thorsten Plath auf der Bühne stehen.
Sie wirkten so gewinnend und natürlich, daß ihre Musik auch ruhig etwas banaler hätte sein können, und dennoch hätten sie das Publikum in der Tasche gehabt.
Aber da gab es weiter nichts mehr zu mäkeln: Die beiden interpretierten mit einem ausgesprochen feinen Musikgeschmack Jazzstandards wie „A Night in Tunesia“, „Birdland“ oder „Love for Sale“, und die Eigenkompositionen von Torsten Plath, die den alten (oder besser zeitlosen) Stilen meist inspiriert nachempfunden waren, konnten sich neben diesen Hits durchaus hören lassen. Auf der Gibson E-Gitarre spielt Plath mit einem schönen, sauberen Ton, der an Wes Montgomery und George Benson erinnert, melodisch sehr einfallsreiche Soli, und sein größter Ehrgeiz scheint darin zu liegen, bei möglichst komplizierten Arrangements jede Note auf der Gitarre nachzuspielen. Was für zehn Musiker geschrieben wurde, will er mit zehn Fingern spielen, und oft gelingt ihm dies auch überraschend gut. Und wenn das Stück keine besonderen Schwierigkeitsgrade hat, bastelt er gerne aus reinem Übermut daran herum, und so entsteht dann eine spanische Version von „Round Midnight“ (konsequent mit spanischem Text von Jessica Brünjes).
Diese lieferte mit ihrer Wärme und Spontaniät den passenden Kontrapunkt zu Plath, dessen Ausbildung an der klassischen Gitarre man immer ein wenig heraushören kann. Jessica Brünjes scheint sich dagegen eher emotional auf die Songs einzulassen, bei ihr klingt jedes Lied (obwohl auch sie technisch sehr versiert ist) wie gerade frisch entdeckt. Als einzigen Spezialeffekt drückte sie bei einigen Stücken auf das Pedal des „Oktaver“, wodurch ihre Stimme in eine sehr tiefe Lage gedrückt wurde und sie die Baßbegleitung für Plaths Gitarrensoli singen konnte.
Überraschenderweise interpretierten die beiden zwei Songs von Ulla Meinecke, und natürlich konnten sie nicht in den Weserterrassen spielen, ohne auf die Konzerte im benachbarten Weserstadion einzugehen. Plath sang (!) kurz eine hundsgemeine Parodie auf Emilias „Big, Big World“, aber dafür wurde Lionel Richie gebührlich mit der einfühlsamen Interpretation eines seiner Schmusesongs geehrt. Ein schönes, kleines Konzert – genau das Richtige für einen lauen Sommerabend.
Wilfried Hippen
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