Nachgefragt: Fünf Prozent Hürde – das ist kein Tabu
■ Interview mit der Bremerhavener CDU-Politikerin Catrin Hannken
taz: Frau Hannken, Sie sind in Sachen Verfassungsdebatte ein alter Hase und haben in der vergangenen Legislaturperiode auch schon im Ausschuß Verfassungsreform gesessen. Warum wurde damals nicht über das Thema Fünf-Prozent-Klausel für die Kommunalwahl geredet?
Catrin Hannken: Das war von keiner Fraktion eingebracht worden. Man hat es schlicht und einfach vergessen.
Wenn Sie sich jetzt die juristische Debatte in den anderen Bundesländern vor Augen führen – was spricht dagegen, die Fünf-Prozent-Hürde im kommunalen Bereich für die Bremerhavener Wahlen am 26. September abzuschaffen?
Es gibt gute Gründe dafür, die Klausel abzuschaffen. Das ist kein ideologisches Tabu. Gegen eine Abschaffung könnte das Argument sprechen, daß man die Funktionsfähigkeit der Stadtverordneten-Versammlung erhalten muß. Darüber muß man streiten. Das Problem in Bremen war aber vor allem der Zeitpunkt der Diskussion. Die Grünen haben den Antrag sehr kurz vor der Kommunalwahl eingebracht.
In Nordrhein-Westfalen hatte man noch weniger Zeit, dort sind die Kommunalwahlen schon am 12. September und die Fünf-Prozent-Klausel wird noch vorher abgeschafft.
Das ist nicht ganz richtig. In NRW hätte man genügend Zeit gehabt, wenn das Parlament ordentlich gearbeitet hätte. Es gab ein Urteil des Verfassungsgerichtes von NRW von 1994, das die Prüfung verlangte. Diese Prüfung hat nicht in der geforderten Weise stattgefunden. Aber der Gesetzgeber wußte, daß dieses Urteil bevorsteht.
Wenn in Bremerhaven die Kommunalwahlergebnisse am 26. September so sind, wie die Ergebnisse der Bürgerschaftswahlen, dann wird es nur noch drei Parteien im Kommunalparlament geben. Was gibt es angesichts dieser Perspektive noch für Argument, die Fünf-Prozent-Klausel zu erhalten?
Es geht nicht um die aktuelle Lage, sondern um eine grundsätzliche Frage. Wir müssen zudem überlegen, was die Abschaffung der Fünf-Prozent-Klausel für die Stadtgemeinde Bremen bedeutet, da wir dort ein kombiniertes Wahlrecht mit dem Landtag haben. Auch deswegen muß man sich etwas mehr Zeit lassen.
Das konkrete Problem der letzten Wahlergebnisse für die Bürgerschaftwahlen ist nicht die Stabilität der Regierungsmehrheit – sondern das drohende Verschwinden der parlamentarischen Opposition.
Die Oppositionsparteien müssen selber sehen, daß sie gute Politik machen und gewählt werden. Aber entscheidend kann nicht sein, wie gerade jetzt die Mehrheitsverhältnisse sind, es kann nur eine grundsätzliche Regelung im Wahlgesetz geben.
Fragen: K.W.
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