piwik no script img

SPD gibt Vermögensteuer nicht auf

■ Führende Sozialdemokraten plädieren dafür, auch die Wohlhabenden wieder am Sparprogramm zu beteiligen

Berlin (taz) – In der SPD gibt es Anzeichen dafür, bei sehr Wohlhabenden wieder Steuern auf das Vermögen zu erheben. Der steuerpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Joachim Poß, sagte gegenüber der taz, er halte an der Option einer Vermögensteuer fest. Er stimmte damit dem saarländischen Ministerpräsidenten Reinhard Klimmt (SPD) zu, der in Bild am Sonntag verlangte, „daß auch Millionäre und Milliardäre in Deutschland einen Beitrag leisten müssen“. Das private Geldvermögen sei zwischen 1991 und 1997 auf fünf Billionen Mark gestiegen, sagte Klimmt, ein Drittel davon sei in Händen von Millionären oder Milliardären.

Die reichsten Menschen der Republik müssen seit 1997 keine Steuern mehr auf Kapital- oder Grundvermögen bezahlen. Der Steuersatz hatte bei einem Prozent für privates und einem halben Prozent auf betriebliches Vermögen gelegen. Zusätzlich war Immobilienvermögen nach dem sogenannten Einheitswert (der weit unter dem aktuellen Wert liegt) besteuert worden. Das Bundesverfassungsgericht hatte 1995 Teile der Vermögensteuer für grundgesetzwidrig erklärt. Weil sich der Gesetzgeber nicht einigen konnte, lief die Vermögensteuer Ende 1996 aus.

Der SPD-Steuerexperte Poß und Ministerpräsident Klimmt erinnerten nun daran, daß ihre Partei im Wahlkampf versprochen hatte, die Vermögensteuer neu zu formulieren. Im Koalitionsvertrag mit den Bündnisgrünen hieß es, eine Kommission werde „die Grundlage für eine wirtschafts- und steuerpolitisch sinnvolle Vermögensbesteuerung schaffen“. Poß versicherte der taz, daß er sich „darum kümmern“ werde, die „derzeit nicht erhobene Steuer“ wiederaufzulegen. Momentan hält er eine Debatte darüber nicht für sinnvoll – weil man sonst die Steuersenkungen in der öffentlichen Wahrnehmung überlagern würde. Finanzminister Eichel kündigte derweil weitere Sparpakete an.

Eine Vermögensteuererhöhung würde nur gegen den Widerstand des Bundeskanzlers möglich sein. Gerhard Schröder hatte zwar im Wahlkampf versprochen, er werde „dafür sorgen“, daß die private Vermögensteuer wieder entrichtet wird; jüngsten Äußerungen zufolge ist es ihm aber wichtiger, das Sparprogramm der Bundesregierung nicht „durch irgendeine Steuererhöhung zu konterkarieren“. In der SPD gibt es allerdings wichtige Befürworter einer Vermögensteuer. Neben Saarlands Ministerpräsident Klimmt votieren auch die RegierungschefInnen Simonis (Schleswig-Holstein) und Ringstorff (Mecklenburg-Vorpommern) dafür. Parteilinke und Jusos sind ohnehin für die Vermögensteuer.

Der Bundesgeschäftsführer der SPD, Ottmar Schreiner, bestätigte gestern der taz, daß das Thema Vermögensteuer für die SPD ein konkretes Vorhaben ist: „Der Parteirat, das höchste Gremium zwischen den Parteitagen, und die Bundestagsfraktion haben die Bundesregierung gebeten zu prüfen, ob wirklich große Vermögen zur Konsolidierung des Haushalts beitragen können.“

Die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ forderte kürzlich, ab einem Vermögen von 500.000 Mark Vermögensteuern von ein bis drei Prozent zu erheben, um Steuergerechtigkeit zu erzielen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung warnt vor einer Vermögensteuer – weil eine verfassungsgemäße Abgrenzung zwischen Immobilien- und Geldvermögen kaum möglich sei. cif

Kommentar Seite 12

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen