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Bonner wollen vor allem nach Westberlin

■ Eine Studie erforscht die Wünsche der neuen Hauptstädter. Diese freuen sich auf die geschichtsträchtige Stadt, es graut ihnen aber vor der Großmäuligkeit der Berliner

Auch zehn Jahre nach dem Fall der Mauer bleiben die Westdeutschen offenbar lieber in der vertrauten Umgebung Westberlins – zumindest die Bonner Zuzügler. Dabei steht Charlottenburg an erster Stelle der Beliebtheitsskala. Zehlendorf und Steglitz sind ebenfalls begehrt. Als einzigen ehemaligen Ostberliner Bezirk finden die Neuberliner Mitte attraktiv: Der Stadtteil liegt nah am Regierungsviertel und ist gerade für die Pendler interessant, die ohne ihre Familie in der Hauptstadt weilen.

Erforscht hat dieses Umzugsprofil eine 26jährige Lehramtsstudentin am Geographischen Institut der Humboldt-Universität, Nicole Richter. Als Examensarbeit befragte sie 1.230 Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung, der Abgeordneten und der Fraktionen. 445 Antworten wertete sie aus. Zwei Drittel derjenigen, die an der Studie teilnahmen, wollen ganz nach Berlin ziehen.

Der sonst von jungen Neuberlinern begehrte Bezirk Prenzlauer Berg findet offenbar bei den Bonnern keinen großen Anklang. Wer mit Kind und Kegel kommt, will ohnehin lieber ins Grüne, aber eben nur in den grünen Westen. „Auffällig ist, daß rund 71 Prozent derjenigen, die nach Berlin kommen, nur in Ein- bis Zweipersonenhaushalten leben“, berichtet die Studentin mit dem Schwerpunkt Stadtgeographie. Offenbar, so vermutet sie, haben sich viele Familien schon im Vorfeld des Umzuges bemüht, durch Personaltausch im Rheinland ihren Arbeitsplatz zu behalten. Aber auch diejenigen, die die Lebensmitte überschritten haben, wollen sich nicht auf Dauer vom Rheinland trennen: Mehr als jeder zweite, der älter als 45 Jahre alt ist, will pendeln. Die meisten der 25- bis 36jährigen Befragten hingegen wollen ganz nach Berlin ziehen.

Bescheiden wollen sich die Bonner im großen Berlin allerdings nicht. 40 Prozent derjenigen, die in Berlin eine feste Bleibe suchen, wollen in eine Wohnung mit mehr als 100 Quadratmetern ziehen. Diese Größe sei fast ausschließlich nur auf dem freien Wohnungsmarkt zu erhalten, berichtet Richter. Die meisten der bundeseigenen Wohnungen seien kleiner. „Da hat der Bund an der Realität vorbei geplant“, sagt die Studentin. Sie geht davon aus, daß es auf dem Wohnungsmarkt in Charlottenburg, Mitte und Schöneberg bei großen Wohnungen in nächster Zeit knapp wird.

Aber Richter hat sich in ihrer Studie auch mit Lust und Frust an der Hauptstadt beschäftigt und fragte nach „an- und abstoßenden Faktoren Berlins“. Viele Bonner freuen sich vor allem auf das reizvolle Umland und die spannende Geschichte Berlins, die sich vor allem in der „Ost-West-Erfahrung“ manifestiere. Als problematisch empfinden die Rheinländer hingegen die Randlage der Stadt im Osten Deutschlands. Aber auch die berühmte Berliner Schnauze ist nicht beliebt: Die Bonner fürchten „die Großmäuligkeit“ der Berliner. Annette Rollmann

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