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Leuchtturm in der kulturellen Wüste Brandenburgs

■ Jeden Sommer pilgern Nachwuchssänger und Opernfreunde in die märkische Provinz. Die Kammeroper Schloß Rheinsberg hat das Kultursterben überlebt – und präsentiert sich dieses Jahr mit Rossinis „Cenerentola“ munterer denn je

Manchmal liegen Glanz und Elend dicht beieinander. Im Frühjahr hatte die brandenburgische Landesregierung beschlossen, alle Theater des Landes mit Ausnahme von Cottbus zu schließen oder zumindest funktionsunfähig zu machen. In der Stadt Brandenburg an der Havel führte der Ukas aus Potsdam, der eigentlich zu einer sinnvollen Kooperation der kulturellen Relikte hätte führen sollen, zur rasanten Selbstauflösung des Theaters. Von einst 200 Beschäftigten sind neben dem Ensemble des Puppentheaters nur die 54 Musiker der Brandenburger Symphoniker übriggeblieben. Als Opernorchester haben sie in ihrer Heimatstadt ausgedient.

Ein Glück also, daß sie sich seit zwei Jahren als Hausorchester der sommerlichen Kammeroper in Rheinsberg ein zweites Standbein aufgebaut haben. Dem Kulturdesaster im Land Brandenburg können sie auf diese Weise für wenige Wochen entfliehen – und sich auf den letzten kulturellen Leuchtturm flüchten, der Brandenburg geblieben ist. Die Querelen des vergangenen Winters, als Intendant Siegried Matthus mit Rücktritt drohte, sind vergessen. Längst hat er sich mit der Rheinsberger Musikakademie über die Nutzung des Schloßtheaters verständigt, das zum kommenden Jahreswechsel eröffnet werden soll.

Die Darsteller werden aus Hunderten von Nachwuchssängern ausgewählt, die alljährlich zum Vorsingen in die märkische Kleinstadt pilgern. Auch für Opernmanager aus Deutschland und dem Ausland ist das Rheinsberger Festival längst ein Fixpunkt im Terminkalender. Nicht wenige der vielversprechenden Nachwuchssänger verlassen Rheinsberg mit einem festen Engagement in der Tasche. Manche Karriere, die am Ufer des Grienericksees unter freiem Himmel begann, hat inzwischen nach Wuppertal oder New York geführt.

Ihren Ruf verdankt die Kammeroper aber auch ihrem Repertoire, das sich meist abseits der ausgetretenen Pfade bewegt. Zu den selten gespielten Werken zählen hierzulande, mit wenigen Ausnahmen, auch die italienischen Belcanto-Opern. Ihre Handlung gilt den ernsten Teutonen als albern, die Musik als oberflächlich.

Regisseur Michael Temme, der Rossinis „Cenerentola“ – zu deutsch: Aschenputtel – am Wochenende auf die Bühne im Rheinsberger Schloßhof zauberte, machte aus der Not eine Tugend und griff entschlossen zu den Mitteln der Parodie. Seine Ausstatterin Bettina Bender verlegte die Handlung ins amerikanische Jet-set-Milieu der fünfziger Jahre. Statt in der Kutsche reisen die Akteure im Cadillac, und selbst den Kolonnaden des Schlosses hatte Bender die Formen der Luxuskarosse übergestülpt.

Ganz neu ist das nicht: Vor allem im leichten Genre hat die Ästhetik der Fifties schon längst die Bühnen erobert. Musikalisch aber lohnt sich der weite Weg aus Berlin auf jeden Fall. Der Mezzosopran der Rumänin Claudia Codreanu in der Titelrolle perlte nach einem etwas spröden Beginn schließlich wie Champagner. Das Brandenburger Orchester brachte, was hierzulande selten ist, Rossinis Italianità unter der Dirigentin Barbara Day Turner mit der nötigen Leichtigkeit zu Gehör. Damit bewiesen die Musiker Qualitäten, die sie zu Hause nicht mehr zeigen können. Ralph Bollmann

Weitere Aufführungen am 27., 28., 30. und 31. Juli

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