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Wer nicht studiert, soll auch nicht arbeiten

■  Die Arbeitsvermittlung Heinzelmännchen will ab September Studierenden, die mehr als 10 Jahre in der Kartei sind, keine Jobs mehr anbieten. Betroffene drohen mit Klage. Tusma lehnt „Benachteiligung“ von Alt-Studenten ab

Ein Rundbrief der Heinzelmännchen sorgt derzeit für großen Aufruhr unter Studierenden. Heinzelmännchen, die studentische Arbeitsvermittlung an der Freien Universität (FU), verkündete ihren Teilnehmern, daß ab 1. September keine Jobs mehr an Langzeitstudenten vermittelt werden.

„Die Teilnahme an der Vermittlung endet automatisch nach einer Gesamtteilnahme von 10 Jahren“, heißt es in dem Schreiben. Angesicht eines sinkenden Jobangebots bei gleichzeitig steigender Nachfrage unter Studierenden will die Arbeitsvermittlung zukünftig sogenannte „ordentliche Studenten“ bevorzugen. „Es betrifft die Studenten, die mehr oder weniger pro forma eingeschrieben sind“, erklärt Fred Hamann, Leiter der studentischen Arbeitsvermittlung an der FU. Nach Angaben der Heinzelmännchen fallen von rund 3.000 FU-Studenten bis zu 100 unter die neue Regelung.

Dabei beruft sich die Arbeitsvermittlung auf die Wünsche ihrer Kunden. Diese hätten sich darüber „beschwert, wenn ihnen Studierende vermittelt wurden, die in keiner Weise mehr dem Bild des überwiegend jüngeren, flexibel einsetzbaren Studentenschaft entsprechen“. Auch nach dem Alter anfallende Rentenversicherungsbeiträge würden die Arbeitgeber höchst ungern zahlen, begründen die Heinzelmännchen die Richtlinienänderung.

„Schon vor einem Jahr gab es einen Versuch, Studenten ab 45 Lebensjahren auszugrenzen“, erinnert Sebastian Kraus von der Arbeitsgemeinschaft (AG) Heinzelmännchen, in der sich betroffene Studenten nun zusammengeschlossen haben. Die Rechtmäßigkeit einer solchen Regelung wurde damals aufgrund eines Gutachtens, das Asta FU in Auftrag gegeben hatte, angezweifelt und nicht umgesetzt. „Das ist nun ein zweiter Anlauf“, empört sich Kraus. Für den Fall, daß ab 1. September Studierende wirklich nicht mehr vermittelt werden, kündigte Kraus eine Klage an.

Der Sprecher der AG Heinzelmännchen kann sich nicht vorstellen, daß die Neuregelung auch vom Asta gutgeheißen wird. Zwar hat ein Beauftragter des Asta die Neuregelung mit den Heinzelmännchen ausgehandelt. Seine Zustimmung wird jedoch als Alleingang gesehen.

Der Asta-Vorsitzende, Nico-André Rösler, will sich noch nicht äußern: „Ab nächsten Montag werden wir uns positionieren.“ Man habe den Asta erst am vergangenen Freitag neu konstituiert, begründet Rösler seine Zurückhaltung. Er schließt aber nicht aus, daß die neuen Richtlinien nochmals geändert werden.

Deutlicher positioniert sich die Tusma, die Studierende an der Humboldt-Uni und der TU vermittelt. „Wir sehen nicht ein, daß die Studenten benachteiligt werden“, sagt Tusma-Vorstandsmitglied Moshtaha Ishak. Die Altersbegrenzung der Heinzelmännchen sei für die Tusma kein Thema. Im Gegenteil werde man sich sogar an eventuellen Protesten dagegen beteiligen. Nino Ketschagmadse

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