: Vom Waschbärbauch zum Waschbrettbauch
Fettpolster und Doppelkinn – also erschlaffte, hängende Körpermassen –, Falten und graue Haare sind out: Waschbärbäuche gelten als anstößig.
Seit den siebziger Jahren, als alle Frauen aussehen wollten wie Farrah Fawcett (eine Blondine mit den langen Beinen und der nach hinten gefönten Ponylöwenmähne) boomt das Geschäft um Körperkult und perfektes Styling.
Aber wer schön sein will, muß – zahlen. Und sie wollen auch zahlen, die Konsumenten: Achtzehn Milliarden Mark investierten die Deutschen 1998 in Kakaobuttercremes, Fruchtsäuremasken, Parfums und Lippenstifte.
Allein für Duschgels, Seifen und Bodylotions verpraßten Schönheitsinteressierte zwischen 1994 und 1998 zwei Milliarden Mark. Jährlich steigt der Konsum um vier Prozent.
1,2 Milliarden Mark sprühte oder rollte sich die bundesdeutsche Bevölkerung in Form von Deos unter die Arme.
Frauen zahlten für „dekorative Kosmetik“ wie Wimperntusche und Lippenstift rund zwei Milliarden in die Kassen von Drogerien, Parfümerien oder Kaufhäusern. Innerhalb von fünf Jahren steigerte sich hier der Umsatz um 25 Prozent.
Aber auch Männer investieren zunehmend in ihre äußere Beschaffenheit. Herrenkosmetik macht bereits 7,9 Prozent des gesamten Körperpflegemittelmarktes aus. 130 Millionen Mark applizierten sich die Herren auf Gesicht und Haarpracht.
Für die jeweils passende Beduftung gaben Deutschlands Männer im vorigen Jahr 576 Millionen Mark aus. Der Verbrauch von Autopflegemitteln sank dafür von fünf auf 4,5 Milliarden Mark.
Die Fitneßbranche profitiert vor allem vom grassierenden Schlankheitswahn. 1990 gab es nur 4.100, 1998 knapp 6.000 Fitneßcenter in Deutschland. Die Mitgliederzahl schwoll von 1,7 Millionen auf vier Millionen an.
Der Gesamtumsatz der Fitneßstudios stieg 1998 auf vierhundert Millionen Mark. Innerhalb der vergangenen acht Jahre explodierte der Umsatz um 150 Prozent. Im Schnitt setzt jedes Studio mittlerweile 679.000 Mark um – doppelt soviel wie 1990 mit nach wie vor steigender Tendenz.
Um die Trägheit der Kunden im Kampf gegen das Fett zu besiegen, bieten Studios jetzt sogar Bodydrill mit militärischer Kluft und Trillerpfeife an.
Schönheit ist heute der Bevölkerung ebenso wichtig wie Bildung und Erfolg.
„Jeder ist heute eine Diva“, erkannte erst kürzlich ModemacherWolfgang Joop.
Tanja Fischer-Jung
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