Verführung auf der Toilette

■ Der neue Luxus-Zug Metropolitan ging gestern zwischen Hamburg und Köln auf die Gleise

Auf der Toilette läuft Fahrstuhlmusik. Sie wird unterbrochen von einer Stimme: „Metropolitan – lassen sie sich verführen.“ Das Wasser rauscht die Toilettenspülung hinunter. Aus dem Spülkasten kommt eine Bürste hervor. Unter ihr kreist die Sitzbrille und wird so gesäubert. Bei der Premiere am Sonntag um 11.19 Uhr startete der neue silberglänzende Luxuszug der Bahn pünktlich im Kölner wie zur gleichen Zeit im Hamburger Hauptbahnhof.

Die Bahn will die Rhein-Ruhr-Metropolen mit Hamburg verbinden und auf dieser Route dem Flugzeug Konkurrenz machen. Der Metropolitan braucht dafür etwas mehr als drei Stunden und 20 Minuten – rund 40 Minuten weniger als ein direkter Intercity. Diese Rekordzeit erreicht der Metropolitan, weil er nur in Düsseldorf und Essen hält. An den Inter-Citie-Städten Münster, Osnabrück und selbst Bremen rauscht der Zug im vollen Tempo vorbei.

Nach dem Start werden Zeitungen verteilt. Die Fahrgäste lesen, dass die Panne an einem Intercity-Zug auf der Strecke zwischen Hamburg und Köln inzwischen die Justiz beschäftigt. In den sieben Wagen riecht es leicht nach neu gekauftem Auto. Arbeitsplätze sind mit Ledersitz und 220-Volt-Steckdosen ausgestattet. Die Klapptabletts, auf denen Laptop und Imbiss ruhig stehen, sind aus mehrschichtigem Schweizer Birnbaumholz gestaltet.

Ein 50jähriger Kölner hat gleich eine Hin- und Rückfahrt mit dem Metropolitan gebucht. Er habe zwar keine Modelleisenbahn, interessiere sich aber sehr für die Eisenbahn. Nach seinem ersten Gang durch die Wagen sagt er mit großen Augen: „Schön, wunderschön.“

Der Kölner Zug war zu rund drei Vierteln gefüllt, darunter belegten 120 geladene Gäste einen Teil der 351 Sitzplätze. Der Kölner Software-Trainer Dirk Scholten (41) wäre am Sonntag sowieso beruflich nach Berlin unterwegs gewesen. Mit dem Metropolitan fahre er den Umweg über Hamburg aus „Neugier“. Er sagt: „Gespannt bin ich, wie lange die Bahn den Preis halten kann, das Angebot ist günstig.“ Eine einfache Fahrt kostet 180 Mark, mit Bahncard 135 Mark. Im Preis inbegriffen sind Reservierung, Getränke und ein Imbiss. Zum Start wurden den Reisenden Käsehappen, Lachs, Feldsalat und Brötchen gereicht.

Es gibt Bars, Ruhezonen und Arbeitsbereiche. Ein Düsseldorfer Unternehmensberater ist überzeugt von dem neuen Konzept der Bahn: „Hier kann ich am Laptop arbeiten und E-Mails verschicken.“ Das gehe im Flugzeug nicht und auch nicht in Intercity-Zügen – „vor allem dann nicht, wenn sie überfüllt sind wie Viehtransporte“, sagt er.

Matthias Schröter