: Draußen vor der Tür
■ Immer öfter bekommen Sozialhilfe-Empfängerinnen unangemeldet Besuch
Bei SozialhilfeempfängerInnen steht immer öfter das Sozialamt unangemeldet vor der Tür. Mit dem Auftrag, zu prüfen, ob beantragte Leistungen tatsächlich unentbehrlich sind. Die Regenbogen-Gruppe hat gestern einen Antrag an die Bürgerschaft gestellt, durch den diese Praxis unterbunden werden soll. Vor allem im Bezirk Bergedorf steht sie auf der Tagesordnung.
Das Bundessozialhilfegesetz sieht Hausbesuche zur Feststellung des tatsächlichen Bedarfes an Möbeln oder Küchenausstattung vor. Schon 1997 hatte die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Bezirken geschlossen, in der man sich darauf einigte, verstärkt Bedarfsprüfungen vorzunehmen – zum Beispiel durch Hausbesuche. Wie diese in Bergedorf durchgeführt werden sollen, konkretisiert eine Richtlinie der Bergedorfer Bezirksverwaltung: Ohne Voranmeldung. Dagegen schreibt der Standardkommentar zum Bundessozialhilfegesetz: „Selbstverständlich ist dabei, daß Hausbesuche nur in Abstimmung mit dem Hilfesuchenden erfolgen dürfen.“ Denn „das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ist auch bei hilfesuchenden Personen nicht eingeschränkt“.
Dass die „AussendienstmitarbeiterInnen“ in Bergedorf dennoch überraschend vor der Haustür stehen, erklärt der Verwaltungsleiter des dortigen Bezirksamtes, Klaus Wolters, damit, dass die Besuchten schließlich das Recht hätten, den Leuten vom Sozialamt den Zutritt zur Wohnung zu verweigern. Es sei auch schon vorgekommen, daß die MitarbeiterInnen in einer Wohnung festgestellt hätten, dass den BewohnerInnen etwas wichtiges fehlt. Oft hätten sich jedoch die Zweifel bewahrheitet, daß eine beantragte Leistung nicht wirklich benötigt wird. „Die Hausbesuche sind ein wirksames Instrument.“
Die Verwaltungsrichtlinie legt den SachbearbeiterInnen nahe, die SozialhilfeempfängerInnen auf mögliche „Rückschlüsse“ bei Zutrittsverweigerung hinzuweisen. „Wir haben selten Probleme, Wohnungen betreten zu dürfen“, sagt Wolters. An einen Fall erinnert er sich, in dem eine „eheähnliche Lebensgemeinschaft“ den Zutritt verweigerte. Doch auch das war nicht wirklich ein Problem. Die beiden hätten nie wieder beim Sozialamt Geld beantragt. Elke Spanner
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