■ III. Wahl: Füschverwurstung
Was läuft eigentlich in den Dritten Programmen zwischen 17 und 20 Uhr? Zum Beispiel:
„Reisen & Speisen mit B 1“, Di., 17.40 Uhr, B 1
Die Abspeisung erfolgt in fünfzehn Minuten Sendezeit. Eilends wird man mittels vier fahriger Beiträge von einem Ostkaff ins nächste verfrachtet, und kein einziges Mal ist genug Zeit zum Essen. Das haben ja auch jedes Mal schon die Rentner an den Tischen draußen vor den Gaststätten für einen gemacht.
In der mobilen Kochnische B 1 werden jedenfalls einmal die Woche unter den beiden Notlügen „Ausflugstipp“ bzw. „Restauranttipp“ beim Stochern im brandenburgischen Speckgürtel offensichtlich allerhand redaktionelle Rückstände verwurstet. Dabei geht es bei der Resteverwertung allem Anschein nach vor allem um eins: die Auflistung möglichst vieler Füschnamen.
Pflichtversessen fielen die Stichworte Hecht, Hugenotten, Fontane, Forelle, Aal, Wels und Ulbricht. Anschließend dümpelte Barsch in Cointreau. „Zu 99 Prozent alles aus dem See“, versicherte Gaststättenchef Ludwig vom Glienicker See. Und das eine Prozent?
Doch ehe B 1 nachhaken konnte oder wollte, folgte schon das Motto des Wirts: „Früsch gefangen, früsch gebraten, früsch auf den Tüsch.“ Ludwigs Frau übrigens, zwei Sekunden im Bild, stamme, so hieß es, von der Insel Korsika und sei lange Zeit „als Chefsekretärin im Quartier Napoléon tätig“ gewesen. Bei so viel thematischer Stringenz schien es geradezu logisch, zur Illustration des zweiten „Restauranttipps“ auf einmal mitten in einer toskanischen Kleinstadt zu stehen, um im Innern eines „Stadtpalasts“ Stockfischstücke von oben anzugucken.
Schwer zu sagen, ob es ein Versehen oder eine humorige Einlage war, erst am Schluss des Beitrags in einen Nebensatz zu streuen, dass sich das Lokal „Treviso“ in Wirklichkeit im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg befand, wo regelmäßig der Inhalt von Touristenbussen auf ähnliche Weise ausgekippt wird wie die Füllmasse von B 1 ins Brackwasser des Vorabendprogramms. Monie Schmalz
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