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„Alles im Griff“

Nach der Einlieferung eines mutmaßlichen Ebola-Kranken in die Berliner Uni-Klinik treffen sich dort Schaulustige und Medien  ■ Von Heike Haarhoff

Das „Sperrgebiet – Betreten verboten“ liegt hinter einem gelben Plastikwarnschild und einer locker baumelnden Absperrkette, wie es sie häufig vor Privatparkplätzen gibt. Ein etwas windschiefer Bauzaun aus Draht zieht sich um den Rest des Geländes. Nein, wie in einem Hochsicherheitstrakt sieht es hier nicht aus.

Ist auch gar nicht nötig: Die Schaulustigen, die noch am Dienstagnachmittag in Scharen zum Gelände der Berliner Uni-Klinik Charité pilgerten, fanden den Blick auf die seit zwei Tagen und bis auf weiteres abgesperrte Seuchenstation gestern offenbar nicht mehr besonders spannend.

Es ist ja auch nichts Spektakuläres zu sehen. Hinter Kette und Bauzaun ein paar Laubbäume, zwei Fahrräder, ein grauer Müllcontainer, dann eine sandsteinfarbene Klinik im Bungalowstil: Dort also liegt der Tierfilmer aus Frankfurt (Oder), der nach einer Reise an die Elfenbeinküste in Westafrika unter dem Verdacht steht, sich mit der häufig tödlich verlaufenden tropischen Viruskrankheit Ebola infiziert zu haben.

Er wurde am Dienstag eingeliefert und steht seitdem unter strengster Quarantäne. „Mehr wissen wir auch nicht“, sagt eine Ärztin aus der benachbarten Klinik, „die Bluttests dauern sicher noch ein paar Tage, und erst dann wird man wissen, was der Mann wirklich hat.“

Solange darf niemand die Seuchenstation betreten, auch die behandelnden Ärzte nicht. Die anderen Patienten, die bis Dienstag in der Klinik versorgt wurden, sind vorsichtshalber evakuiert und auf anderen Stationen untergebracht worden. „Wir haben alles im Griff“, so die Auskunft von Klinikleitung und Polizei. „So eine Totalabsperrung kommt sehr selten vor“, sagt eine Pflegerin.

„Zur Sicherheit“, so sagt der Wächter im unauffälligen Pförtnerhäuschen vor der Kette, „gibt es aber noch einige Kollegen, die den Bauzaun bewachen.“ Sie sorgen dafür, dass die Straße, die bis vorgestern die öffentliche Zufahrt zur Seuchenstation war, dicht bleibt für Autos, Fahrräder, Fußgänger – „und Journalisten“, fügt der Mann aus dem Pförtnerhäuschen abschätzig hinzu. „Det sind nämlich die einzigen, die hier immer noch rumlungern und keen Verständnis dafür haben, dat ett hier nicht längs geht.“

Da biegt auch schon ein Kamerateam um die Ecke. Ob sie nicht doch eine Drehgenehmigung ...? Oder wenigstens eine erste Einschätzung? Der Wachmann hat allmählich die Nase voll. „Es gibt nichts Neues“, weist er sie unwirsch ab. Aber die Kollegen brauchen Neuigkeiten: Am Bauzaun, aber auch am Eingang zur Charité werden wahllos Passanten mit gezücktem Mikrofon abgefangen und danach befragt, ob sie jetzt nicht zufällig „Panik“, „Angst“ oder wenigstens „Furcht“ davor hätten, sich anzustecken. Haben sie aber nicht. „Panik vor Ebola-Epidemie in Berlin“ – die Schlagzeile funktioniert nicht. „Es ist ganz schrecklich“, sagt die Kassiererin in der Cafeteria neben der Seuchenstation, „am Dienstag war hier Belagerungszustand.“

Warum sind die Leute nur einen Tag später bloß schon wieder so cool? Was Ebola ist und wie ansteckend die Krankheit ist, wissen die meisten inzwischen aus den Zeitungen. „Ich gehe aber davon aus, dass die Ärzte in der Seuchenstation doch auf solche Situationen eingestellt sind“, sagt eine Frau. „Man kann dem Mann nur wünschen, dass er wieder gesund wird.“ „Eine solche Krankheit“, sagt ein älterer Herr, „kann doch jeden von uns treffen, der in Länder wie die Elfenbeinküste reist“.

„Mein Sender macht mich wahnsinnig“, fleht derweil auf dem Klinikgelände nebenan eine Radioreporterin um ein Interview. Schließlich findet sich ein auskunftsfreudiger Bauarbeiter.

Seit Tagen schon werkelt er an dem Umbau eines Klinikgebäudes gegenüber der Seuchenstation herum. Jetzt endlich kann er seine Beobachtungen einem breiten Publikum mitteilen: „Hier ist gestern die Ebola-Seuche eingeflogen worden aus Frankfurt (Oder).“ So sei es in der Zeitung nachzulesen und auch, dass man dann „schon bald aus Augen und Ohren blutet“. Durch drei Schleusen müsse man sich schmuggeln, wenn man doch zum Patienten durchdringen wolle.

Woher er das denn wisse? „Na, das stell ich mir so vor.“ Aber „für uns“, fügt er dann fast bedauernd hinzu, „besteht offenbar keine Gefahr, denn sonst hätten sie uns bestimmt schon längst von der Baustelle gejagt.“

„Eine solche Krankheit kann doch jeden von uns treffen, der in Länder wie die Elfenbeinküste reist“

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