: Sonntagsöffnung: Die Ruhe nach dem Sturm
■ Der Kaufhof am Alexanderplatz blieb gestern ebenso geschlossen wie zahlreiche Geschäfte am Potsdamer Platz. Kaufhof-Chef Biere schlägt moderate Töne an
Am gestrigen Sonntag gehörten Papi und Mami wieder ihren Kindern. Sowohl der Kaufhof und Saturn am Alexanderplatz als auch zahlreiche Geschäfte in den Potsdamer Platz Arkaden blieben geschlossen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts gegen die Kaufhof-Öffnung sowie die Androhung von Bußgeldern hatten ihre Wirkung gezeitigt.
Eigentlich hatte sich gestern der ehemalige FDP-Wirtschaftsminister Günter Rexrodt am Alexanderplatz angekündigt. Doch die paar Dutzend Kaufwilligen und Schaulustigen, die sich vor den verschlossenen Kaufhaustoren versammelt hatten, warteten vergeblich. Tags zuvor hatte nämlich FDP-Chef Wolfgang Gerhard die Position seiner Partei festgeklopft. Liberalisierung des Ladenschlusses ja, aber nicht am Sonntag, pfiff Gehard seinen Parteifreund freundlich zurück.
So blieb die Szenerie am Kaufhof den Kamerateams sowie den Kaufwilligen auf der einen und einigen Gewerkschafts-Aktivisten auf der andern Seite überlassen. Vor allem Kaufhof-Chef Günter Biere schlug gestern moderate Tön an. „Wir wollen das jetzt nicht hochspielen“, meinte Biere, „schließlich muss die Sonntagsöffnung jetzt von der Politik entschieden werden, und die darf sich nicht veralbert fühlen.“
Biere blieb aber bei seiner Position, dass der Ladenschluss auch eine Sonntagsöffnung ermöglichen müsse. Ansonsten herrsche weiter die Verwirrung zahlreicher Ausnahmegenehmigungen, sagte er und verwies auf den benachbarten Bahnhof Alexanderplatz, in dessen Passage die Geschäfte geöffnet hatten. Am vergangenen Sonntag hatten 50.000 Kauflustige den Kaufhof gestürmt.
Weitaus trister als an den vergangenen Sonntagen zeigten sich gestern auch die Potsdamer Platz Arkaden. Geöffnet hatten neben den Gastronomiebetrieben nur ein Tabakgeschäft, ein Schuhgeschäft sowie ein Souvenirladen. Beim Bekleidungsgeschäft Eddie Bauer, das die vergangenen Sonntage geöffnet hatte, hing ein Schreiben des Landesamtes für Gesundheitsschutz an der Scheibe. Darin wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Textilien nicht zum „touristischen Bedarf“ gehören, der seit Juli in Berlin auch sonntags verkauft werden darf.
Geöffnet hatte dagegen die „Lederbörse“. Wie die Verkäuferin sagte, würden Handtaschen und Umhängetaschen zum touristischen Bedarf gehören, teure Aktenkoffer dagegen nicht. Um beide Warengruppen voneinander zu trennen, hatten die Verkäufer einfach ein rotweißes Bauband durch den Laden gezogen. wera
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