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Querspalte: Die Deutschen und ihre Tierliebe

■ Hundstage 99

Schauspieler Gedeon Burkhard lässt sich für das Magazin Männer aktuell mit einem Pudel fotografieren – und Bild am Sonntag wittert den Skandal: „Kommissar Rex: Herrchen geht fremd“. Äußerst besorgt erkundigt sich BamS, ob der „Seitensprung mit Schoßhündchen“ nicht dem „Frauenschwarm-Image“ schade. Er sei gar nicht schwul, versichert Burkhard eilig. Wozu auch? Wo er doch zwischen so schönen Hunden wählen kann.

Hundstage 99. Schon frühzeitig hatte die verlassene Frau Kopper die sodomitische Saison eröffnet, als sie mitteilte, der Abgang ihres Mannes störe sie nicht weiter, sie habe ja noch ihren Hund „Willy“. Ein klarer Fall von Partnertausch, wie Peter O. Chotjewitz im Freitag zu berichten weiß. Jetzt zog die Show-Veteranin Dagmar Frederic nach und erklärte auf Anfrage der Bild, ob sie sich für den Playboy ausziehen würde: „Die Hüllen lasse ich nur für meinen Mann und meinen Schäferhund fallen.“ Ein klarer Fall für das dog mate des Monats in Wild und Hund. Empört fragt kurz darauf die Berliner B.Z.: „Quälte Klausjürgen Wussow seinen lieben Boxerhund 'Schica‘?“ Mit seinem Anblick? „Passanten hörten den Hund jaulen.“ Der allein gelassene Boxer sei „mit eingeknickten Hinterbeinen im Kreis gelaufen. 'Schica‘ japste, rang nach Luft, schließlich kollabierte sie.“ Tja, wenn das liebe Herrchen fremdgeht.

Fremd hingegen ist dem gemeinen Deutschen immer noch der Kaiman- und Känguruh-Ersatz des diesjährigen Sommers, Dieter Zurwehme. Was ihm an Tieren Eros, ist dem Deutschen an Menschen Thanatos. „Mit Bluthunden tothetzen“ sollte man den flüchtigen natural born Mörder von Remagen, tönte es kürzlich am Nachbartisch, während der Henker seinem Golden Retriever zärtlich das Ohr kraulte. Das ist Tierliebe. Besser zuviel als Zurwehme.

Michael Ringel

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