: Neue Suche nach dem grünen Leuchten
■ Grüne PolitikerInnen von Rebecca Harms bis Tom Koenigs erkunden Wege aus der Strömungsfalle. Erstes Strategietreffen soll Ende August stattfinden. Fischer und Trittin sind nicht eingeladen
Berlin (taz) – Führende grüne Politiker wollen die Parteiströmungen überwinden. Die Zukunft der Partei soll über Lagergrenzen hinweg diskutiert werden – das erste Mal noch in diesem Monat bei einem Strategietreffen in Berlin. Der Streit um die Atompolitik habe gezeigt, dass es ein „strategisches Vakuum“ bei den an der Regierung beteiligten Grünen gebe, sagte Ralf Fücks, Vorstandsmitglied der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, gestern der taz. Fücks hat ParteifreundInnen zur Diskussion über die Regierungspolitik und die Zukunft der Partei eingeladen. Mit von der Partie sind die Berliner Spitzenkandidatin Renate Künast, Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer, die niedersächsische Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms, ihr baden-württembergischer Kollege Fritz Kuhn, die Hamburger Wissenschaftssenatorin Krista Sager, der Frankfurter Umweltdezernent Tom Koenigs und Gesundheits-Staatssekretär Erwin Jordan. Ralf Fücks bestätigte, dass er bei der Auswahl der Teilnehmer bewusst Bundespolitiker wie Joschka Fischer oder die beiden Partei-Chefinnen Gunda Röstel und Antje Radcke nicht eingeladen habe. Die geladenen Landes- und KommunalpoltikerInnen hätten „mehr Freiheit, über die Bundespolitik nachzudenken“.
Fücks dementierte allerdings eine Spiegel-Meldung, nach der ein „neues Zentrum“ der Partei gegründet werden solle. In seinem Einladungsschreiben sei von keinem „Zentrum“ die Rede. Darin heißt es: „Es gibt genügend Gründe, über Perspektiven nachzudenken.“ Fücks räumt jedoch ein, „es wäre erfreulich“, wenn das Nachdenken auch zu konkreten Vorschlägen führen würde. Er wolle „die Diskussion um das Grundsatzprogramm mit politischen Initiativen verbinden“. Kopfschmerzen bereitet dem Strategen Fücks auch die Lage seiner Partei im Osten: „Es besteht die Gefahr, dass wir zu einer Regionalpartei West degenerieren.“
Auch der geladene Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer fürchtet, die Wahlen im Herbst „werden deutlich machen, dass wir uns im Osten nur unzureichend verankern konnten“. Das Strategietreffen habe nichts mit der Formierung einer „neuen Mitte“ zu tun. Stattdessen müssten „Lagergrenzen“ überschritten werden.
Renate Künast, Fraktionschefin der Grünen in Berlin, hofft, die geplante „Ansammlung von kreativen und undogmatischen Leuten“ werde „das Grün in der Politik wieder zum Leuchten bringen“. Die Welt habe sich in den vergangenen Jahren rasant verändert: „Wenn die Grünen ihren Gründungsideen treu bleiben wollen, müssen sie sich auch verändern.“ Die Partei müsse die Herausforderungen durch die Globalisierung annehmen und „das überholte Rechts-links-Denken“ bleiben lassen. Durch die Auflösung der Militärblöcke habe sich auch die Rolle Deutschlands verändert. Deshalb müssten die außenpolitischen Positionen der Grünen neu definiert werden. Eher „am Rande“ des Strategietreffens werde wohl auch über die Strukturreform und die mögliche Abschaffung der „Doppelspitze“ aus zwei ParteisprecherInnen geredet.
Tina Stadlmayer
Interview und Bericht Seite 6
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