Wolf! Wolfgang! Wolfsburg!

taz testet die Liga (X): Der VfL Wolfsburg will das „emotionale Erlebnisfeld Fußball“ ausbauen und redet ganz leise von der Champions League    ■ Von Andreas Pahlmann

Okay, wir können jetzt aufhören, uns zu wundern. Ja, der VfL Wolfsburg ist in der vergangenen Saison Sechster geworden. Ja, der VfL Wolfsburg wird demnächst im Uefa-Cup spielen. Das Märchen vom unaufhaltsamen Aufstieg des kleinen hässlichen Klubs aus der kleinen hässlichen Autostadt wurde oft genug geschrieben. Also verlassen wir das Thema „Was war“ und wenden uns dem Thema „Was wird“ zu.

Wird Fußball gespielt? Ja, vor allem hinten. Moderner Fußball heißt in Wolfsburg vor allen Dingen Raumdeckung. Das ist zwar nicht besonders originell, aber beim VfL besonders spannend – weil es Trainer Wolfgang Wolf in der vergangenen Saison auch schon versucht hatte und ganz schnell wieder auf schnödes Hinterherrennen umschalten musste. Diesmal also Dreierkette, die zweite. Mit Claus Thomsen als Chef. Und der hat in Dänemark und England fast nur Kette gegeben. Alles, was vor der Abwehr rumläuft, soll vor allem „verschieben“. Das war Wolfs Lieblingswort in der Vorbereitung.

Taugt der Trainer? Wolf. Wolfgang. Wolfsburg. Noch Fragen?

Taugt der Torwart? Nein. Zumindest nicht in der veröffentlichten Meinung. Claus Reitmaier war in der vergangenen Saison einer der besten Keeper der Liga, aber irgendwie haftet ihm seit KSC-Zeiten ein Fliegenfänger-Image an. In Wolfsburg hat er ein Jahr lang alles getan, um dagegen anzukämpfen. Noch so eine Saison, dann wird wohl endlich ganz Fußball-Deutschland obige Frage mit „Ja“ beantworten.

Was tun die Neuen? Sie dritteln sich. Das erste Drittel wird beim Saisonstart gegen 1860 München wohl in der Startelf stehen: Patrick Weiser auf der linken Außenseite, Dorinel Munteanu im zentralen Mittelfeld, Jonathan Akpoborie im Sturm. Das zweite Drittel darf sich Chancen ausrechnen, auf der Bank zu sitzen, um vielleicht den Joker zu spielen: Christian Wück und Jean Kasongo Banza im Sturm, Marino Biliskov in der Abwehr. Das letzte Drittel guckt wohl nur zu: Christian Brand und Zoltan Sebescen, weil im 29-Mann-Kader andere die Nase vorn haben, Markus Feldhoff, weil er verletzt ist.

Was fehlt? Ein Betreuer für Jean Kasongo Banza. Der Angreifer aus der Demokratischen Republik Kongo kann alles: dribbeln, schießen, schnell laufen. Nur Deutsch und Englisch kann er nicht. Was prompt zu Problemen führte: Als er wegen einer ärztlichen Behandlung einen Tag nach der Mannschaft zum Schwarzwald-Cup reisen sollte, stieg der Neuzugang vom CSS Sfax (Tunesien) in den falschen Zug und blieb über Nacht verschollen.

Wie werden die Tore fallen? Bestimmt wieder anders als bisher. Im ersten Bundesliga-Jahr schlug Libero Jens Keller von hinten lange Bälle auf Roy Präger, und der machte sie dann irgendwie rein. Im zweiten Jahr durften es auch schon mal ein, zwei Stationen mehr sein, ehe Andrzej Juskowiak (in der Hinrunde) oder Präger (in der Rückrunde) trafen. Diesmal läuft es wohl irgendwie auf Akpoborie hinaus.

Wer sagt, wo's langgeht? Der Manager. Peter Pander sprach als Erster vom Aufstieg, als der VfL ein mittelmäßiger Zweitligist war. Er sprach als Erster vorsichtig vom internationalen Geschäft (hat der VfL erreicht) und vom neuen Stadion (soll – wenn's gut läuft – 2001 fertig sein). Jetzt spricht er von der Champions League. Aber ganz, ganz vorsichtig.

Wer zahlt das alles? Natürlich der ziemlich große Metall verarbeitende Betrieb, um den herum die Stadt Wolfsburg einst gebaut wurde. Wie viele Millionen es genau sind, wird nicht verraten. Aber ein 35-Millionen-Etat (plus Uefa-Cup-Einnahmen) lässt sich nicht aus TV-Geldern und aus den Einnahmen des 20.400-Zuschauer-Stadions speisen. Von einem zweistelligen Millionenbetrag wird oft gesprochen. Exakter lässt sich wohl wirklich nicht bestimmen, was den Autobauern die „Ankopplung an das emotionale Erlebnisfeld Fußball“ (VW-Sportförderungs-Chef Dr. Ekkehardt Wesner) wert ist.

Folge: Erstens, dass man eine Menge über den VfL Wolfsburg erzählen kann, ohne permanent zu erwähnen, dass der Präger jetzt weg ist. Zweitens, dass der VfL Wolfsburg ein ganz normaler Bundesligist mit Ambitionen ist.

Gefühlter Tabellenplatz: „Hoffentlich nehmen es uns die Fans und das Umfeld nicht übel, wenn es nicht so gut läuft wie im letzten Jahr“, sagt Wolf. Wird sein Wunsch erfüllt? Wir werden es nie erfahren. Denn der VfL wird wieder Sechster.