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„Hallo Uli! Du auch hier?“

■  Die erste „reguläre“ Bundespressekonferenz in Berlin: Wiedersehensfest für Parlamentsberichterstatter und Selbstversicherung eines immer gleichen Rituals

Die Bundespressekonferenz tagt. Sie tagt jeden Montag, jeden Mittwoch, und wäre jetzt nicht Sommerpause, sie tagte auch am Freitag. Ununterbrochen seit 1949. Und seit Montag tagt sie in Berlin. Im Foyer des Bundespresseamtes am Reichstagufer treffen sich alte Bekannte wieder: „Hallo Uli! Du auch hier?“

Blau die Stühle, blau auch der Hintergrund, vor dem die Sprecher der Bundesministerien Platz nehmen werden. Teppich und Wandverkleidung sind in dezentem Grau gehalten. „Fühlen Sie sich hier wohl?“, fragt ein Kollege seinen Sitznachbarn. – „Haben Sie schon meine neue Karte?“ - „Mein Büro liegt Südseite, da brutzelts jetzt ganz schön.“

843 Journalistinnen und Journalisten sind Mitglieder im eingetragenen Verein Bundes-Pressekonferenz. Zugelassen wird nur, wer von seiner Zeitung als Parlamentsberichterstatter entsandt wird, 480 Mark kostet die Mitgliedschaft jährlich. Die Bundespressekonferenz ist keine Regierungsveranstaltung: Gastgeber ist der Verein. Weil die eigenen Räume am Spreebogen erst im Frühjahr 2000 bezugsfertig sind und die Kooperation mit dem Bundespresseamt traditionell sehr gut ist, trifft sich die staatstragende Talkgemeinde vorerst in dessen Gebäude. Als die Regierungssprecher und der diensthabende Leiter der Bundespressekonferenz, Alfred Gertler, eintreffen, wird klar, dass es wohl noch länger dauern wird als die Bauarbeiten, bis sich dieses Urbonner Gremium an die neue Hauptstadt gewöhnt hat. Man sei „vom Raumschiff Bonn auf den Flugzeugträger Berlin gebeamt“ worden, sagt Gertler. Ein historischer Moment? Quatsch. Nur Routine am anderen Ort. Auch Regierungssprecherin Charima Reinhardt macht keine großen Worte, grüßt die 150 in Bonn gebliebenen Kollegen und erwartet die erste Frage.

Im Tonfall des Oberschiedsrichters auf dem Center Court in Wimbledon wacht Gertler über den korrekten Verlauf des Rituals: „Noch Fragen zu diesem Thema?“ – „Nachfrage?“ – „Zusatz.“ Fifteen – love. Besonders schöne Ballwechsel honoriert das Auditorium mit zustimmendem Gemurmel. Die sind heute selten. Über die russische Spionage will sich das Verteidigungsministerium nicht äußern. Das Finanzministerium will erwartungsgemäß die 20 Milliarden Mark Steuermehreinnahmen nicht an die Bürger zurückgeben. Die Regierung ist besorgt über die Lage im Kosovo. Aha. Das prickelnde Gefühl, als einer der ersten heiße Regierungsinformationen gesteckt zu bekommen, mag sich nicht einstellen.

Auch die Einladung zur Übergabe des Schlüssels des Finanzministeriums scheint höchstens alkoholisch interessant. „Ich habe jetzt einen unbefristeten Vertrag“, wird man den einen sagen hören. Und der andere wird immer noch unverdrossen seine neuen Visitenkarten verteilen.

Wäre da nicht noch Regierungssprecherin Reinhardt. Schlagfertig und gut gelaunt pariert sie die Fragen der Journalisten. Das scheint die große Neuerung der Berliner Republik zu sein: Die Bundesregierung will sich zwar immer noch nicht in die Karten sehen lassen, das aber immerhin fröhlich und gutaussehend. Besonders lustig wird Reinhardt, wenn einer der Frager ein Thema anspricht, mit dem die Regierung gerechnet und deshalb eine schriftliche Antwort vorbereitet hat. Dann sagt sie kurz „Oho!“, raschelt in ihren Unterlagen, schaltet von charismatisch auf amtlich und verliest das Papier, blickt auf, schaltet zurück und lächelt den kritischen Nachfragen entgegen, die sie mit gewählten Worten natürlich nicht beantworten wird. Vielleicht wirkt Reinhardt deswegen so zufrieden, weil sie jetzt endlich die Antworten kennt, nach denen sie selbst jahrelang gefragt hat – als Berichterstatterin für die Frankfurter Rundschau. Auf der Bundespressekonferenz. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag. Stefan Kuzmany

Ein historischer Moment? Quatsch. Nur Routine an einem anderen Ort. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag

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