: „Es gibt nicht Hamburgischeres“
Kaischuppen in der künftigen Hafencity von Abriss bedroht. GAL Mitte und Kunsthistoriker protestieren, Steb hat keine Meinung ■ Von Heike Dierbach
Besonders schön ist das 1950/51 aus Spannbetonfertigteilen errichtete Gebäude nicht. Aber der Kaischuppen 4/5 am Sandtorhafen hinter der Speicherstadt habe eine große Bedeutung als letzter Vertreter des „amphibischen“ Kaisystems auf dieser Seite der Elbe, betont Ursula Schneider. Die GAL-Abgeordnete im Bezirk Mitte will um den Schuppen 4/5 als „hafengeschichtliches Baudenkmal“ eine neue Debatte eröffnen – bevor das Haus im Zuge des Baus der Hafencity abgerissen wird.
„Amphibisch“ bedeutet, daß der derzeit noch genutzte Schuppen von Land und Wasser zugleich bedient werden kann. „Es gibt nichts Hamburgischeres als diesen Gebäudetypus“, mahnte Hermann Hipp, Professor für Kunsthistorik an der Uni Hamburg, Anfang Mai auf dem Hafencity-Forum: „Retten Sie diesen Schuppen.“ Bei der für die Vermarktung der Hafencity-Flächen zuständigen stadteigenen Gesellschaft für Hafen- und Standortentwicklung gibt man dem Gebäude hingegen „keine Chance mehr“. „Mit Schuppen bringt die Fläche nicht den Nutzen, der ihrem Wert angemessen ist“, befürchtet Geschäftsführer Bernd Tiedemann.
Sprich: Sie lässt sich teurer verkaufen, wenn sie mehrstöckig bebaut werden kann. Schließlich soll das Geld aus dem Verkauf der Hafencity-Flächen für die umstrittene Hafenerweiterung in Altenwerder reichen. In den Vorgaben der Stadtentwicklungsbehörde (Steb) für den ArchitektInnenwettbewerb sind auf dem Gelände des Schuppens 4/5 Wohnungen vorgesehen.
Natürlich sei man grundsätzlich für den Erhalt von alten Gebäuden, beschwichtigt Jochen Schnack, persönlicher Referent von Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL). Zum Schuppen 4/5 wollte er sich gestern nicht festlegen: „Aber wir setzen uns nicht für einen Abriss ein.“ Auch das Denkmalschutzamt würde es „sehr begrüßen“, wenn der Schuppen erhalten bliebe – obwohl er die wissenschaftlichen Kriterien für die Schutzwürdigkeit nicht erfüllt, weil er zu jung ist und keine besondere Technologie aufweist, erläutert Mitarbeiterin Gabriele Bohnsack-Häffner. Es gehe hier aber um ein „Gesamtinteresse der Stadt“.
Das sieht Tiedemann ausreichend berücksichtigt in dem Erhalt eines Kaischuppens aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg auf der anderen Elbseite. „Zu schwer erreichbar“, kontert Schneider. Der Schuppen 4/5 liege in Fußnähe zur Deichstraße und eigne sich hervorragend für die Dokumentation der Geschichte des Stückgutumschlages. Die geplanten Wohnungen könnten auf der Südseite des Hafenbeckens entstehen.
Entschieden ist noch nichts, betont die Steb. Nachdem Anfang Oktober die Jury den besten Entwurf des Architektenwettbewerbes gekürt habe, so Schnack, wird man sich „grundsätzlich verständigen müssen“. Vielleicht auch innerhalb der eigenen Partei.
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