Kein Geld mehr für Problemschüler

■  Seit vier Jahren kümmern sich ABM-Kräfte um Unterrichtsstörer. Jetzt laufen die Stellen aus. Unklar ist, wer die Finanzierung der 140 Schulstationen übernimmt. Die Zeit drängt: 4 Einrichtungen schon dicht, 15 kurz vor dem Aus

Die rund 140 Schulstationen an Grund- und Integrationsschulen sind in ihrer Existenz bedroht. In den Einrichtungen werden Schüler betreut, die im Unterricht auffällig geworden sind. Hier werden sie von geschultem Personal kurzfristig betreut. Die Stellen werden über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) finanziert. Ein Großteil der Maßnahmen läuft zum neuen Schuljahr aus.

In Neukölln und Tempelhof machen dann fünfzehn Stationen dicht, weil dass Arbeitsamt die einjährigen Maßnahmen nicht mehr verlängert. Vier Schulstationen in Köpenick mussten bereits zum Ende des Schuljahres 98/99 schließen.

Klaus Sprenger, Geschäftsführer der gemeinnützigen Tandem Beschäftigungsgesellschaft sieht nicht nur bestehende Arbeitsplätze bedroht. Das Unternehmen ist unter anderem Träger von berlinweit rund 70 Schulstationen: „Wir können keine Kontinuität mehr an den Schulen gewährleisten.“ Für eine erfolgreiche Station sei wichtig, den Kindern nicht immer neue Gesichter vorzusetzen.

Ähnlich sieht es auch Marita Hellwig. Sie hat das Glück, schon seit drei Jahren an der Spandauer Integrationsgrundschule „Am Grüngürtel“ als ABM-Kraft zu arbeiten. Manche Kinder betreue sie schon über mehrere Schuljahre. In ihre Schulstation, die „Oase“, schicken die Lehrer Kinder, die im Unterricht beispielsweise durch ständige Frotzeleien oder Gewaltausbrüche auffallen. „Und die Kinder bringen die Konflikte aus ihrer Familie zu mir“, erklärt die gelernte Pädagogin. In der Oase gibt es „Wutkissen“, an denen die Kinder ihre Aggression ablassen können, aber auch Spiel- und Bastelmöglichkeiten. „Ich rede mit einem Kind durchschnittlich eine Viertelstunde über seine Probleme“, sagt Hellwig. Dann könne es meist in die Klasse zurückgeschickt werden. 10 bis 20 Schüler werden hier täglich betreut.

Auch die Finanzierung der Oase und weiterer sieben Spandauer Schulstationen ist seit Juni nicht mehr gesichert. Doch es gibt eine kleine Hoffnung: Die Bezirksverordnetenversammlung hat beschlossen, dass Spandau die Stationen zumindest bis Ende des Jahres mit 300.000 Mark unterstützen soll. An drei Stationen, unter anderem in der Schule „Am Grüngürtel“, soll das Modell sogar erweitert werden. Dort werden sich erstmals ausschließlich Fachkräfte, ein Erzieher und ein Sozialarbeiter, um die Kinder kümmern. Der Sozialarbeiter soll insbesondere mit Eltern auffälliger Kinder Kontakt aufnehmen, um Konflikte zu besprechen. Schulbezogene Sozialarbeit nennt sich das. Bildungsstadtrat Gerhard Henke (CDU) begrüßt das Konzept: „Es ist eine optimale Verbindung von Schule und Jugendhilfe.“

Weniger erfreut ist Henke dagegen über die Schulverwaltung. Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) habe zwar 1994 die Idee der Schulstation vorangetrieben. „Jetzt aber lässt sie uns im Regen stehen.“ Henke fordert von der Schulverwaltung ein langfristig angelegtes Konzept für die Finanzierung der Schulstationen.

Daran werde derzeit gearbeitet, versichert Peter Hübner, in der Schulverwaltung für die Schulstationen zuständig. „Die Stationen funktionieren sehr gut und sollten deshalb aufrechterhalten werden.“ Zu Details will er sich jedoch nicht äußern. Julia Naumann