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Unterhaching wartet auf seine erste Torchance

■ Der Aufsteiger verliert 0:3 bei Eintracht Frankfurt und spielt wie ein Absteiger

Frankfurt (taz) – Die Trikots des Bundesliga-Aufsteigers SpVgg Unterhaching in der einfallslosen Blau-Weiß-Kombination sind eher langweilig, die blau-roten Trainingsanzüge der Betreuer erinnern gar an das UdSSR-Olympiateam von 1976. Fans gibt es ohnehin kaum und fußballerisch war die erste Vorstellung im Frankfurter Waldstadion besorgniserregend. „Das war natürlich schlecht“, erkannte Trainer Lorenz-Günther Köstner nach der 0:3-Schlappe.

Die Unterhachinger Erstligapioniere brachten in 90 Minuten nicht eine gefährliche Aktion vor dem gegnerischen Tor zustande, und Köstner war der Verzweiflung nahe: „Das habe ich mir auch anders vorgestellt.“ Ganze 40 Minuten dauerte es, bis die Underdogs der vorigen Saison gegen die der laufenden ihre Überlegenheit auch in Zählbarem ausgedrückt sahen. Der neue Eintracht-Stürmer Bachirou Salou hatte das Leder an Keeper Wittmann vorbeitgespitzelt, und Mittelfeldwirbler Rolf-Christel Guie-Mien – ebenfalls neu – hatte nach seinem Treffer Gelegenheit, den doppelten Salto aufzuführen. „Wir wussten, daß es schwer werden würde, erst einmal den Beton zu sprengen“, meinte Eintracht-Coach Jörg Berger, der den Knackpunkt im Kampf der Systeme Angriffsspiel gegen Destruktion in diesem Treffer sah.

Der Rest war Formsache. Der Neuling mit dem Viererbob im Vereinslogo spielte taktisch in etwa so flexibel, wie ein Schlitten im Eiskanal beweglich ist. Auch nach dem Rückstand wurde die einmal eingeschlagene Defensivtaktik beibehalten. Nach Fjortöfts 2:0 kurz nach der Pause wurde im Frankfurter Publikum schon wieder munter gerechnet – nur ging es diesmal nicht um den Klassenerhalt, sondern um die Tabellenführung. Bereits nach einer guten Stunde machte sich der ausgewechselte Horst Heldt ans Auslaufen an der Seitenlinie – das Spiel war ebenfalls am Auslaufen.

Die für die Stammformation vorgesehenen Neulinge hatten sich bei der Eintracht allesamt gut eingeführt: Die Kreativabteilung Guie-Mien und Heldt nahm nach Anfangsschwierigkeiten das Spiel in die Hand, Salou bereitete einen Treffer vor und traf selbst zum 3:0. Thorsten Kracht hatte wenig Mühe, als Verteidiger gegen die harmlosen Gäste zu glänzen. Der Auftritt der neuen Ergänzungsspieler Patrick Falk und Tibor Dombi läßt in Frankfurt zusätzlich hoffen. Der Rechtsaußen brillierte mehrfach mit Flankenläufen, und Gegenspieler Wiggerl Kögl, seines Zeichens Ex-Flügelflitzer, erlitt bei Dombis Performance einen „Kollaps der Modernisierung“. Nach mehreren „Frustgrätschen“ (Köstner) gegen den Ungarn musste er spätestens nach Gelb-Rot erkennen, dass auf den Außenbahnen mittlerweile ein höheres Tempo vorgelegt wird. Dafür zu sorgen, dass alle auf dem Teppich bleiben, sieht Berger nun als seine dringlichste Aufgabe an, nachdem ihm Köstner brav zur Tabellenführung gratuliert hatte. Während die Eintracht-Fans den Auftaktgegner in schonungsloser Direktheit mit „Erste Liga, keiner weiß warum“- Sprechchören verhöhnten, war der Coach um Höflichkeit gegenüber dem Aufsteiger bemüht. „Das ist nicht fair“, wehrte Berger die Frage ab, ob denn noch mal ein ähnlich leichtes Spiel auf ihn zukäme.

Köstner versprach unterdessen hoch und heilig Besserung. Die Seinen werden nicht zum Sparringspartner und zum willkommenen Opfer für Kantersiege verkommen, da ist er ganz sicher: „Ich kenne meine Mannschaft, wir werden hart arbeiten und das Gegenteil beweisen.“ Köstners Worten zu glauben, fällt nach dem Auftritt in Frankfurt jedoch äußerst schwer. Zwar mögen die Münchner Vorstädter durchaus über Defensivqualitäten verfügen – allzu viele Chancen erspielte sich die Eintracht nicht – doch wie man Tore erzielen will, bleibt ein Rätsel. Man darf gespannt sein, wann die erste Torchance der SpVgg Unterhaching in die Bundesliga-Annalen eingehen wird – Vor- oder Rückrunde?

Klaus Teichmann

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