: PDS – Partei der Sammler
■ Was die Union kann, kann die Ostpartei schon lange: Die PDS will mit einer Unterschriftenkampagne mehr Gerechtigkeit für den Osten Deutschlands einfordern
Berlin (taz) – „Bei uns tagt der Vorstand öffentlich, kommen Sie vorbei“, lädt Hanno Harnisch ein. Der Pressesprecher der PDS ist stolz, seine Partei achte das demokratische Prinzip Öffentlichkeit geradezu vorbildlich. Harnisch kennt seine Genossen schlecht. Zwar traf sich gestern Parteichef Bisky mit dem Vorstand im Berliner Karl-Liebknecht-Haus. Journalisten wollte man diesmal allerdings nicht dabei haben und deklarierte das Treffen kurzerhand zur „nichtöffentlichen Arbeitssitzung“ um. Ein untrügliches Zeichen: Es wird interessant.
Am 20. August startet die PDS eine Unterschriftenkampagne unter dem Titel „Endlich gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West!“ In dem Papier, das Bisky heute in Potsdam vorstellt, heißt es, die Bundesregierung habe mit dem Sparpaket die „falschen Signale“ gesetzt. Statt Leistungen abzubauen, solle die Regierung „mit der Umverteilung von oben nach unten ernst machen“. Passend zur aktuellen Diskussion sollen die Unterzeichner eine „Vermögensabgabe oder Vermögenssteuer“ fordern. Öffentlich geförderte Beschäftigung müsse ausgebaut, ost- und westdeutsche Renten sollen angeglichen und DDR-Berufsabschlüsse anerkannt werden. Der letzte Punkt des Papiers thematisiert, was eine überwältigende Mehrheit der Ostdeutschen als Dauerskandal empfindet: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit gilt in Deutschland auch im neunten Jahr nach der Vereinigung nicht. Hier fordert die PDS einen „Fahrplan“ für die Angleichung.Das alles ist Konsens unter den Genossen.
Dass es im Parteivorstand gestern dennoch eine kontroverse Diskussion und je eine Gegenstimme und Enthaltung gab, liegt nicht am Inhalt des Papiers, sondern an der Form Unterschriftenkampagne. Die ist nämlich ausgerechnet von der Union abgeschaut, die vor einem halben Jahr erfolgreich auf Deutschlands Fußgängerzonen ging, den Volkszorn schürte und mit der „doppelten Staatsbürgerschaft“ das erste Reformprojekt der jungen rot-grünen Bundesregierung vom Tisch fegte.
„Wo kann man hier gegen Ausländer unterschreiben?“, fragten damals die Menschen an den Tapeziertischen der CDU-Stände, rechtsextreme Parteien trauten sich mit eigenen Listen auf die Straße, im brandenburgischen Guben hetzten Jugendliche einen Algerier in den Tod. „Der Tote von Guben ist auch ein Toter der Unterschriftenkampagne“, empörte sich Gregor Gysi. Nun greift seine bunte Truppe zum gleichen Mittel.
Die Unionskampagne sei nicht Inspiration für die PDS-Strategen gewesen, behauptet Harnisch, im übrigens sei „eine Kampagne a priori populistisch“. Diese Unterschriftensammlung soll der PDS vor allem im Brandenburger Wahlkampf Menschen an die Wahlkampftische treiben. Fürs CDU-regierte Sachsen ist sie wegen ihrer einseitigen Anti-Schröder-Ausrichtung, für Westdeutschland wegen ihres starken Ostbezugs wohl unbrauchbar bis kontraproduktiv. Was nach den kommenden Landtagswahlen mit den gesammelten Unterschriften passiert, weiß die PDS noch nicht. Hanisch: „Die werden schon irgendwie in die politische Meinungsbildung eingebracht.“ Robin Alexander
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