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Maloche unter Tage

■ Der U-Bahn-Tunnel der Linie 7 wurde gerade in Handarbeit saniert, bald folgen die Linien U 1, U 6 und U 8

Schon an normalen Tagen hat in der U-Bahn kein vernünftiger Mensch gute Laune. Aber wenn es heißt: „Es besteht Schienenersatzverkehr, dieser Zug endet hier“ geht ein kollektives Aufstöhnen durch die Reihen. Schienenersatzverkehr bedeutet Aussteigen, Bushaltestelle suchen, warten, einsteigen, im Verkehr stecken bleiben, wieder aussteigen und auf dem Rückweg noch mal das gleiche. Unnötige Strapazierung der Fahrgastnerven eben, vielleicht sogar Zuspätkommen.

So waren an den Wochenenden vom 16. Juli bis zum 8. August BVG-Kunden, die mit der U 7 zwischen Mehringdamm und Hermannplatz fahren wollten, abends und nachts von einer Vollsperrung betroffen. Sowohl in Richtung Rathaus Spandau als auch Richtung Rudow ging nichts mehr. Grund für die „Schikane“ war die Rundumsanierung der Schienen und Schwellen im U-Bahn-Tunnel. Dort ist es fast unerträglich heiß. Staubwolken werden von einem fahlen Licht in Szene gesetzt, von überall her dröhnt, klopft und hämmert es. Eine Kolonne Gleisbauarbeiter schuftet pro Fahrtrichtung, die Männer lösen insgesamt 4.060 Schwellen, transportieren sie ab und ersetzen die meist noch aus den 20er Jahren stammenden Holzträger durch neue – meist per Handarbeit.

Das Verdichten des Schotters unterhalb der Schwellen hatte über Jahre hinweg zur Ausfaserung der alten Bohlen geführt. Auch 5.280 Meter Schienen mit einem Gewicht von rund 258.000 Kilogramm wurden eingebaut, die 1.800 Kubikmeter Schotter so lange zwischengelagert und nach Abschluss der Arbeiten wieder eingebracht. Die Enge des Tunnels macht den Einsatz von Machinen zur Arbeitserleichterung fast unmöglich, die Gleisbauarbeiter katapultieren die massiven Schwellen weitgehend ohne maschinelle Unterstützung auf den bereitstehenden Wagen. Einzige Hilfe ist eine Schwellenwendemaschine, eine Art Bagger mit ausgefeilter Hydraulik.

Abgesehen von Norbert Klempert, dem Betriebsleiter der BVG, schwitzen und schweigen alle: „Alle durchgeführten Maßnahmen haben ein Bauvolumen von 3,5 Millionen Mark“, redet er gegen den Krach an. Zwei Firmen, eine brandenburgische, eine aus Berlin, seien von der BVG nach einer EU-weiten Ausschreibung beauftragt worden. „Wir wollen möglichst wenig Manpower in Anspruch nehmen und damit die Kosten drücken“, erklärt Klempert während sich die Gleisbauarbeiter Stück für Stück vorarbeiten. Die Nachtschicht der Arbeiter erspare den Fahrgästen den ebenfalls unbeliebten Pendelverkehr. Neben einer Vielzahl von kleineren Baustellen und laufenden Instandhaltungen betreue der Gleisbau des Unternehmenbereiches U-Bahn der BVG etwa 25 größere Bauvorhaben im Jahr. Neben den Gleissanierungen auf der U 7 sind die Dammerneuerung auf der U 6 zwischen Alt-Tegel und Kurt-Schumacher-Platz sind die noch laufenden Arbeiten auf der U 1 im Streckenabschnitt Podbielskiallee-Onkel Toms Hütte dieses Jahr Schwerpunkt. Die U 8 ist das nächste Projekt. Auch dort wird es zum Unmut der Fahrgäste wieder Schienenersatzverkehr geben, während „unter Tage“ schwer gewuchtet, geschuftet und geschwitzt wird. Esther Kogelboom

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