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Nackt und pflegeleicht

„Ferkel“ wird auch schon mal rot: Im Blankeneser Musenstall dreht sich derzeit alles um den exotischen Nackthund  ■ Von Konstanze Ehrhardt

Merkwürdig rauh fühlt sich die Haut von „Ferkel“ schon an. Zitternd sitzt die peruanische Nackthündin in ihrem Käfig im Blankeneser Musenstall und ist vor Aufregung ganz rot geworden. Ihr Name ist kein Zufall. „Wenn sie aufgeregt ist, sieht sie aus wie eine Sau“, sagt Christian Breudel, Vereinsvorsitzender des Clubs für exotische Hunde in Münster. „Bei Nackthunden sieht man das Blut zirkulieren, genau wie bei der menschlichen Haut“, erklärt er.

„Ferkel“ ist Teil der Ausstellung „4000 Jahre haarlose Hunde“, die zur Zeit im Musenstall der öffentlichen Bücherhalle Blankenese gezeigt wird. Christian Breudel und seine Frau Carola wollen mit ihren Exponaten die Wahrheit über den Nackthund verbreiten, und zwar die ganze. Denn nicht alle sind von diesem Hund so begeistert wie das Ehepaar.

So hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Bonn ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Zucht von Nackthunden untersuchen soll. Dass die Hunde überhaupt nackt sind, liegt an einer Genmutation, die auch für das Fehlen von bestimmten Zähnen bei den Tieren verantwortlich sein soll. Bei reinrassig gekreuzten Nackthunden soll zudem die Zahl der Totgeburten sehr hoch sein. Ein weiteres Kriterium ist die Wärmeregulation der Hunde. Das deutsche Klima scheint da wenig geeignet. Der Hund müsste hier also frieren oder einen Pullover tragen. Sollten sich diese Annahmen alle erhärten, so will das Bundesministerium die Zucht nackter Hunde in Deutschland verbieten.

Die Breudels empört das maßlos. „Die meisten Menschen haben ja noch nicht einmal einen Nackthund gesehen, geschweige denn angefasst“, ärgert sich Christian Breudel. Die Kampagne, so vermutet er, „basiert allein auf Vorurteilen“. Dass seine Hunde gewöhnungsbedürftig sind, gibt auch er zu. „Nackthunde kommen mir nicht ins Haus“, dachte Breudel, als er zum ersten Mal einen haarlosen Hund sah. Doch dann kam er auf den Nackthund. Heute ist Breudel stolzer Besitzer von zehn Tieren, darunter die sechs einzigen Exemplare der mexikanischen Rasse Xoloitzquintle in Deutschland. Sein Fazit: „Der Nackthund ist ein ideales Haustier, super sozial, gesund und pflegeleicht.“

Außerdem hat er eine Geschichte. Seit 4000 Jahren wird das Tier gezüchtet. Ursprünglich stammen Nackthunde aus Peru und Mexico, wo sie den Göttern zu Ehren verspeist wurden. „Heute gibt es ihn dort immer noch so häufig wie in Deutschland den Schäferhund“, erzählt Breudel. „In Ländern, wo es wegen der Hitze viel Ungeziefer gibt, ist er ideal, weil sich im nicht vorhandenen Fell ja nichts festsetzen kann.“

„Toll“ findet den Hund auch Susanne Rosenberg, die Bibliothekarin in der Öffentlichen Bücherhalle Blankenese. „Kaufen würde ich so einen Hund zwar nicht“, sagt sie, aber im Hunde-Eldorado Blankenese gebe es sicher Leute, die sich für ihn interessieren könnten. Vielleicht ja Allergiker – Haare können sie bei diesem Tier zumindest nicht zum Niesen reizen.

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