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Wasserprivatisierung erneut im Zwielicht

■ Hartwig Berger von den Grünen fordert neues Verfahren wegen Doppelmandaten

Nach dem Urteil zur Flughafenprivatisierung ist der Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe (BWB) erneut in die Kritik geraten. „Das Privatisierungsverfahren muss neu aufgerollt werden“, erklärte gestern der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Hartwig Berger, gegenüber der taz. Das Verfahren der Flughafenprivatisierung sei an Doppelmandaten politischer Amtsträger gescheitert. Berger: „Genau solche Konstellationen liegen aber auch im Fall der BWB vor.“

Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) habe über die Auswahl des BWB-Partners entschieden, zugleich sei sie Aufsichtsratsmitglied in der Bankgesellschaft Berlin, die gemeinsam mit Suez/Lyonnaise des Eaux zu den Bietern in dem BWB-Verfahren gezählt habe, so Berger. Solche Doppelmandate hatte das Brandenburger Gericht als Verletzung des Neutralitätsgebotes und als vergaberechtswidrig bezeichnet.

Dass das Suez-Konsortium letztlich nicht den Zuschlag erhalten habe, spiele dabei keine Rolle, sagte Berger auf Nachfrage. Schließlich hätte die Finanzsenatorin ihren Einfluss genutzt haben können, den Preis hochzutreiben, fügte Berger hinzu. Den Zuschlag für den 3,1 Milliarden Mark schweren Wasserdeal hatte das Konsortium um RWE/Vivendi erhalten.

Das Brandenburger Gericht hatte weitere Verflechtungen zwischen Bietern und Auftraggebern gerügt. Die Londoner Investmentbank Merill Lynch, die für die Finanzverwaltung das Privatisierungsverfahren betrieben hat, unterhielt ebenfalls Vertragsbeziehungen zu dem dritten Bieter, dem amerikanischen Energie-Konzern Enron. Berger: „Auch dies ist ein deutlicher Verstoß gegen das Vergaberecht.“ Eine Sprecherin der Finanzverwaltung wollte sich dazu gestern zunächst nicht äußern.

„Die Privatisierung bedarf dringend der Aufklärung“, erklärte gestern auch Harald Wolf. Der PDS-Fraktionschef kritisierte insbesondere die Doppelrolle, die Herbert Märtin, Geschäftsführer der Beratergesellschaft WIB, gespielt habe. Die WIB hatte die Berlin Brandenburg Flughafen Holding beraten – eine gemeinsame Holding von Berlin, Brandenburg und dem Bund. Gleichzeitig habe Märtin, gegen den mitterweile wegen Betrugsverdacht ermittelt wird, für die RWE-Aqua gearbeitet, so Wolf. Zwar seien dies zwei unterscheildiche Verfahren, allerdings seien auch hier Interessenkollisionen nicht auszuschließen, sagte Wolf. Richard Rother

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