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Ordnungshütern droht neue Ordnung

■  Eine Allianz aus SPD, Grünen und Gewerkschaft der Polizei will angesichts der jüngsten Polizeiskandale das alte Fünf-Säulen-Modell abschaffen. Auch der Posten eines Landespolizeidirektors soll wieder eingeführt werden

„Weniger Häuptlinge“ in der Berliner Polizei – das ist der Ruf, der angesichts der jüngsten Polizeiskandale immer lauter ertönt. Damit wächst auch der Druck auf Innensenator Eckart Werthebach (CDU) nach einer umfassenden Polizeistrukturreform und der Abschaffung des bisherigen Fünf-Säulen-Modells. Ein entsprechender Vorschlag vom Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg, findet auch bei SPD, Grünen und teilweise der CDU Unterstützung.

Seitdem Anfang der 90er Jahre das sogenannte Fünf-Säulen-Modell eingeführt wurde, leidet die Polizei mehr und mehr unter dem aufgesplitteten Sicherheitsapparat – und die Konflikte zwischen den Chefs der Schutzpolizei, der Kripo, der Verwaltung sowie der Polizeischule und der Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) wachsen an.

Jüngste Beispiele für das Kompetenz-Wirrwarr waren das folgenreiche Befehlschaos bei der Besetzung des israelischen Generalkonsulats im Februar sowie die Kritik von Landeskriminalamtschef Hans-Ulrich Voß an Polizeipräsident Hagen Saberschinsky wegen übereifriger Ermittlungen gegen Kripo-Beamte.

„Die fünf Säulen arbeiten nicht miteinander, sondern bestenfalls nebeneinander her“, klagt GdP-Chef Schönberg. Auch angesichts der vorgesehenen Auflösung der ZERV und der Umorganisation der Polizeischule habe die alte Polizeistruktur „ausgedient“.

Dem pflichtet auch der Innenexperte der SPD-Fraktion, Hans-Georg Lorenz, bei: Die jetzigen Chefs „bekriegen sich gegenseitig“ – das sei ein Problem der Personen und der Struktur. Unter einem Landespolizeidirektor, der auch der Vize-Polizeipräsident sein dürfe, könnten Schutz- und Kriminalpolizei wieder vereinigt, die Verwaltungen wieder entsprechend eingegliedert werden. Auch der rechtspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Norbert Schellberg, fordert eine Abschaffung der derzeitigen Polizeistruktur. Die handelnden Personen hätten es nicht geschafft zusammenzuarbeiten.

Selbst die Partei von Innensenator Eckart Werthebach sieht „Änderungsbedarf“ in Führungsstrukur und Organisationsaufbau der Polizei. CDU-Innenexperte Roland Gewalt warnte jedoch davor, die Polizei derzeit zu überfordern. Schließlich übernehme die Schutzpolizei im Rahmen des sogenannten Berliner Modells schon jetzt teilweise Aufgaben der Kripo. Da dürfe man das Polizeiwesen nicht „überreformieren“. Die Senatsinnenverwaltung wollte sich gestern zu den Forderungen nicht äußern. Philipp Gessler

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