Sozis bewahren Nerven

■ SPD in Hamburg: Ärger über die Profilneurosen in der Bundespartei

Olaf Scholz, der SPD-Bundestagsabgeordnete aus Altona, hat einen guten Tipp: „Am besten den ganzen Sommer über wegfahren, alle Handys ausschalten und keine einzige Zeitung anfassen.“ Da er sich aber selber nicht an den eigenen Ratschlag gehalten hat, musste er wie all seine ParteifreundInnen jeden Tag etwas hören und lesen über Sommertheater und Steuerstreit der Bundespartei. Der Ärger bei der Hamburger SPD über das, was in Bonn und Berlin passiert, ist groß. Ansonsten lautet die Devise aber: Ruhig bleiben und Gelassenheit verkaufen. Inhaltliche Kritik am Kurs der Bundesregierung wird selbst hinter vorgehaltener Hand nicht geäußert.

Traditionalisten gegen Modernisierer – Etiketten, die der Hamburger Gewerkschaftschef und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Erhard Pumm gar nicht gerne mag. „Die sich Modernisierer nennen, haben 10.000 Mark netto auf dem Konto und können gut von Flexibilisierung reden.“ Als Gewerkschafter sagt er: „Sollte es traditionell sein, soziale Ausgewogenheit und Tariftreue zu fordern, dann bin ich gerne Traditionalist.“ Wenn jetzt die Arbeitgeberverbände die Bundesregierung loben, dann zeige das, „dass es hier eine Schieflage gibt“. Zu prinzipieller Kritik am Sparpaket ringt sich aber auch Pumm nicht durch: „Vom Grundsatz richtig.“

Diskussion über die eigene Befindlichkeit der Partei – für Dorothee Stapelfeld, die Geschäftsführerin der Hamburger SPD-Fraktion, absolut notwendig. „Die Debatte muss ernsthaft geführt werden, aber die führen wir an anderer Stelle als in den Medien“, sagt sie. Zum Beispiel in einer Arbeitsgruppe, in der sich Hamburger SPD-Leute mit dem Schröder-Blair-Papier auseinandersetzen.

„Die in Bonn“ – das taucht immer wieder auf, wenn man mit Hamburger GenossInnen redet. Ingo Kleist, seit über 20 Jahren in der Bürgerschaft, hält das alles für „Profilierungssucht“. Scholz findet: „Wir müssen einfach die Nerven behalten.“ Denn die Politik, die man mache, sei gut, und das gehe in der Öffentlichkeit unter.

Ein Tipp am Anfang, ein Tipp am Ende – diesmal von Pumm: „Die von der Bundespartei sollen sich mal in den Stadtteilen Berlins umsehen und mit den Leuten sprechen, die mit wenig Geld klarkommen müssen.“ Peter Ahrens