: Streit um Ablehnung von Psychotherapeuten
■ Auch Bremer Sozialrichter halten Kriterien der Zulassungsausschüsse für gesetzeswidrig / Abgelehnte Psychotherapeuten haben gute Chancen vor Gericht
Auf der Grundlage des neuen Psychotherapie-Gesetzes sind im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bremen inzwischen 263 Therapeuten zugelassen worden. Dies wird die KV im September offiziell bekannt geben. Ob diese Zahl nach dem bundesweit errechneten Schlüssel zur Versorgung Bremens ausreicht, das wird auch dann geprüft, wenn die neuen bundesweit geltenden Soll-Zahlen vorgelegt werden.
Die Kehrseite der positiven Meldung: 120 Anträge von Bremer Therapeuten wurden abgelehnt. Begründung in 80 Prozent dieser Fälle ist nach Auskunft der KV, die die kassenzugelassenen Ärzte vertritt, dass die Antragsteller in einem dreijährigen „Zeitfenster“ zwischen 1994 und 1997 nicht 250 KV-anerkannte Therapiestunden vorweisen können. Dieses „Zeitfenster“-Kriterium hatten der Kassenärzliche Bundesverband und die Vertretung der Krankenkassen den Zulassungsausschüssen bundesweit empfohlen. Wer nicht 250 Stunden im „Zeitfenster“ der drei Jahre vor Verkündung des Gesetzes KV-anerkannt gearbeitet hat, so argumentiert die Ärzteschaft, der hat seine berufliche Existenz nicht auf die Therapie-Praxis gegründet und kann wie jeder neue Psychotherapeut nur zugelassen werden, wenn es Bedarf an zusätzlichen Psychotherapeuthen gibt.
Über die Hälfte der abgelehnten Psychotherapeuten hat Widerspruch eingelegt und geht vor den vorgesehenen Berufungsausschuss. Und das mit großer Erfolgschance: Auch beim Bremer Sozialgericht hält man die „Zeitfenster“-Definition für zu eng.
In mehreren Verfahren sowohl in Frankfurt wie in Hamburg haben die dortigen Sozialgerichte negative Entscheidungen der Zulas-sungsausschüsse schon aufgehoben. Es handelt sich um „einstweilige Anordnungen“, die den betroffenen Psychotherapeuten vorläufig Recht gaben. Die Begründung der Gerichte ist dabei so grundsätzlich, dass beim Hauptverfahren kaum andere Entscheidungen zu erwarten sind. In dem Psychotherapie-Gesetz steht nichts von einer strengen Regelung der Art „250 Stunden in einem Dreijahres-Zeitfenster“, argumentieren die Sozialgerichte. In den Beratungsprotokollen des Bundestages geht es nur darum, dass ein Therapeut aus KV-anerkannten Therapien „unter anderem“ seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Der betroffene Hamburger Therapeut hatte in dem letzten Halbjahr vor Verabschiedung des Gesetzes 33.000 Mark verdient und davon DM 7.600 aus Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen. Für jemanden, der gerade seine Praxis aufbaut, sei damit ein „schützenswerter Besitzstand“ festzustellen, schrieb das Sozialgericht in der Begründung der Entscheidung, er habe seinen Lebensunterhalt „unter anderem“ aus KV-anerkannten Therapien bestritten.
Die kassenärztlichen Vereinigungen und die Ärzte-Vertreter im Zulassungsausschuß Hamburg werden in den nächsten Wochen entscheiden müssen, ob sie die Rechtsauffassung der Sozialgerichte akzeptieren. Bislang, so teilte die KV Hamburg der taz mit, gebe es noch keine Festlegung in dieser Frage. Bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung scheint noch keine Entscheidung über die zukünftige Linie gefallen zu sein. So gibt es auch in Bremen von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) derzeit keine Antwort auf die Frage, ob die Berufungsausschüsse nach den bisherigen „Zeitfenster“-Grundsätzen weiterarbeiten oder ob sie die Rechtsprechung der Sozialgerichte akzeptieren. K.W.
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