■ Soundcheck
: Archie Shep in der Fabrik / Felix Kubin

Gehört: Archie Shepp in der Fabrik. Keine Ahnung, wann der Hamburger gewillt ist, das Haus zu verlassen. Als Archie Shepp vor ziemlich genau einem Jahr in der Barnerstraße gastierte, fanden sich gerade mal 200 Zuhörer ein, diesmal indes standen über 600 in der langen Schlange vor der Tür.

So einem wie Shepp sind solche Publikumsschwankungen natürlich schnuppe, der zieht unbeirrbar seine Runden. Der hat sich seit geraumer Zeit eine gemütliche Ecke im Reich der Freejazz-Überlebenden eingerichtet: als Geschichtenerzähler und Geschichtsdozent in Sachen Black Power, als inspirierter Blues-Sänger und Freizeit-Pianist. Das Saxophon ist für den 63-Jährigen inzwischen nur eines unter vielen Mitteln – Billie Holidays „God Bless the Child“ gibt er vokalis-tisch einen ganz eigenen Anstrich. Monks „Round Midnight“ zerlegt er am Flügel.

Die besten Momente aber hat er auch an diesem Abend, wenn er das Tenorsaxophon bläst. Nicht ganz unschuldig daran ist der Schlagzeuger Idris Muhammad, der sich inzwischen zu einem exzellenten side kick entwickelt hat. Zuletzt war der Mann, der in den späten Siebzigern einen Stapel unhörbarer Disco-Platten verzapft hat, mit Ahmad Jamal am selben Ort zu hören. Der stets tipptopp gewandete Muhammad ist einer jener seltenen Begleiter, die noch im zarten Trippeln einen unverkennbaren Groove anschlagen. Ein Original, das sich ohne Show-Off Gehör verschafft. Eben einer wie Shepp. Alleine oder zusammen werden die beiden noch Jahrzehnte unbeirrbar ihre Runden ziehen. Christian Buß

Heute abend: Felix Kubin. Hin und wieder weiß man genau, dass es sich lohnen wird, abends das Haus zu verlassen und auszugehen. Heute zum Beispiel ist so ein Tag, denn Felix Kubin tritt im Pudel Club auf. Auf seinem Label Gagarin Records ist gerade die Compilation „Psykoscifipoppia“ erschienen mit jeweils zwei bis acht Stücken von Brezel Göring, Max Kleyderstorm, Electric Helgoland, Groenland Orchester und von Kubin selbst. Gespannt sein darf man auf seine Version des Lionel-Richie-Stücks „Hello“, in dem er alle „Yous“ in „Mes“ verwandelt hat, weil ihn dabei die „psychedelischen Verwicklungen“ interessierten.

Heute Abend soll außerdem die Hamburg-Wien-Connection weiter ausgebaut werden. Die besteht für Felix Kubin, seit er mit Heiner Ebber in der österreichischen Kapitale auftrat und sie dort von Catarina Pratter und Christian Hessle für deren Internet-Magazin Betazine (www.betazine.org) interviewt wurden. Die produzieren neben dem Magazin auch noch erfolgreich Hörspiele und machen mit zwei weiteren Freunden als 550 rondy Electro-Beat. Beim Gespräch über Bückhaltungen beim Konzert (Musik und Qual), Fernwärme, Wiener Klosteinkultur und sonstige Krankheiten verstanden sie sich so gut, dass Kubin sie für ein Konzert nach Hamburg einlud.

Später gibt es die „dreieckige Computerdisco“ mit den DJs Viktor Marek aus Hamburg und nem:itch, der die Wiener Klosteinkultur auch ganz gut kennen dürfte. Wie Kubin verfolgen sie das Anliegen, Menschen in Eks-tase zu bringen, aber nicht mit irgendetwas, das leicht funktioniert, sondern mit „krachiger“ Musik. Bitte alle Möbel an die Wand schieben und ausflippen!

Meike Fries

heute, 22 Uhr, Pudel Club